Mittwoch, 12. Juli 2017


25. Tag - Was ist Genesungsbegleitung/ein Experte aus Erfahrung?

Darüber kann man ewig diskutieren, sich stundenlang austauschen und miteinander nachdenken.
Was bedeutet es dem Einzelnen von uns? Jeder hat ja seine eigene Geschichte und Erfahrungen gemacht, die niemand anderer nachempfinden kann. Verständnis kann man haben, ja; aber mehr auch nicht.
Aus dem Curriculum EX-IN (von Haaster Utschakowski) zitiere ich folgendes:
"Ein Experte aus Erfahrung in der Gesundheitsversorgung ist jemand, der aktive Erfahrung mit Krankheit, Behinderung und/oder psychischen Problemen hat und der spezifische Fähigkeiten erworben hat, damit zu leben und im sozio-kulturellen oder institutionellen Kontext, in dem die Krankheit, die Behinderung und/oder die psychischen Probleme bedeutsam werden, umzugehen. Um ein Experte durch Erfahrung zu werden, ist es erforderlich, dass jemand seine eigenen Erfahrungen reflektiert und sie mit anderen, die die gleiche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben, teilt. Es ist erforderlich, dass die Experten unterschiedliche Situationen vergleichen."

" Welche Erfahrung meinen wir?
  • Erleben von Merkmalen von Krankheiten, Handicaps oder psychischen Leid, die Auswirkungen auf den Körper und die Identität, Umgang und Bewältigung dieser Erfahrungen
  • Autonomie und Unabhängigkeit in Alltagssituationen. Umgang mit Bewältigung von Einschränkungen
  • Erlebnisse und Gefühle von Einbezogen- und Ausgeschlossensein
  • In einer Welt zu Leben, in der deine Art zu leben nicht die Norm ist
  • Aktives soziales Leben
  • Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen; versorgt, behandelt werden; um Hilfe bitten
  • In einer Krise zu sein und von Professionellen abhängig zu sein."

Kaffeepause.

Ich muss dazu sagen, dass es sehr heiß war und im Allgemeinen merkte man, dass bei vielen die Luft raus ist. Es ist jetzt das 9. Modul und langsam geht auch mir die Puste aus. So viele Informationen, und ehrlich gesagt, bin ich nicht traurig darüber, wenn ich nach Ende dieser Ausbildung so manche Teilnehmer nicht mehr sehen und hören muss. Sorry für das gerade Gesagte, aber das gehört eben auch dazu: durchzuhalten, auch wenn es schwierig wird.

Nach der Kaffeepause machten wir eine Erfahrung mit einer Körperübung zu dritt. Auch weithin bekannt: ein Teilnehmer steht zwischen zwei Menschen und wird wie ein Pendel hin und her bewegt. Dazu muss sich dieser Teilnehmer ganz steif machen und darauf vertrauen, dass die Anderen ihn nicht fallen lassen. Eine von unserer Gruppe machte nach Jahrzehnten die Erfahrung, dass sie sich auf uns verlassen kann und das machte sie zu einem sehr glücklichen Menschen. Diese Person hat sich in diesem Kurs sehr zum Positiven verändert: sie überwindet Stück für Stück ihre Ängste. :))

Es folgten dann noch jede Menge Informationen über systemisches Material für Beratung und Begleitung. Diese systemische Konzepte der Arbeit mit der inneren Welt des Individuums erlauben uns, von einem ganzheitlichen systemischen Rahmenverständnis her auf der psychischen und der sozialen Ebene therapeutische Angebote zu gestalten. Dazu gab es viele Beispiele und auch Flipcharts, doch auch dem Teilnehmer, der diese Dinge in die Dropbox stellt, dem geht es zur Zeit nicht so richtig gut. Ich kann sie aber bestimmt nachreichen.

Dann endlich war früher als gewohnt Feierabend und wir hofften, dass es morgen nicht wieder so heiß werden würde.


Donnerstag, 8. Juni 2017


Liebe Leserinnen, liebe Leser. Ich habe am 23.Tag einige Dinge dazugeschrieben und auch ein paar Fotos eingefügt, die ich beim Schreiben noch nicht hatte. Es lohnt sich bestimmt, diesen Tag nochmals anzuschauen.

24. Tag - Recovery-Haus

Ein Recovery-Haus zu entwerfen war eine sehr schöne Aufgabe. Wie würde so ein Haus aussehen, was wünschen wir uns, wo sollte es gebaut werden, alle diese Fragen mussten von uns beantwortet werden. Wenn ich an meine Klinik zurückdenke, dann war es alles andere als ein freundliches, helles und einladendes Gebäude, sehr alt. Aber es lag in einem wunderschönen Park mit Weiher und vielen Bäumen. Es machte mit der Kleingruppe sehr viel Spaß, einfach mal unsere Vorstellungen auf das Papier zu bringen; wohl wissend, dass es in der Wirklichkeit so nie gebaut werden kann. Unsere Ergebnisse im Einzelnen:



 
 
Der nachfolgende Entwurf war von unserer Gruppe (zum Glück hatten wir die Künstlerin)


 Und geknetet haben wir auch noch. :))


Mittagessen.

Dann ging es bildlich gesprochen in den "Gemischtwarenladen". Unser Dozent hat es als einen Oberbegriff benutzt. Wir bekamen ganz viel Material, um mit einem Betroffenen ein Gespräch zu eröffnen und ein erstes Kennenlernen vorzubereiten. Wir bekamen : einen Revovery-Plan, den wir zusammen entwickeln; einen Recovery Aktivitäten Fragebogen; einen Bewertungsbogen; einen Krisenplan; eine Time-line (Vergangenheit und Gegenwart); einen Recovery-Stern.
Jede Menge Handwerkszeug im Koffer, so kann man für jeden einzelnen Patienten das richtige Werkzeug holen und sich mit ihm auf den Weg Recovery machen. Manchen Bogen und Plan mussten wir auch mal selbst ausfüllen, was gar nicht so schnell ging, da man immer wieder über die Fragen nachdenken musste.

Kaffeepause.

Letztes Thema, und das war von uns gewünscht, sollte die Beschreibung von verschiedenen Krankheitsbildern sein. Und dafür waren wir sehr dankbar, denn eigentlich wusste ich nicht wirklich, was "Borderline" bedeutet. Der Dozent schrieb verschiedene Krankheitsbilder auf Kärtchen und legte sie auf den Boden, und wir stellten uns jeweils zu dem für uns passenden Krankheitsbild daneben. So kamen die Gruppen zustande und wir versuchten zu beschreiben, wie sich das bemerkbar macht und wie wir uns fühlen.
Seht selbst mal genau die Ausarbeitungen an, bestimmt kennt Ihr auch Menschen, die eines der Krankheitsbilder haben. Vielleicht hilft es Euch, diese Menschen besser zu verstehen.






 
Meine Krankheitsbilder sind/waren Depression und Angstzustände.

 
Die letzte Aufgabe in diesem Modul ist geschafft. Was ein mega-volles Wochenende. Das braucht Zeit das alles zu verarbeiten. Aber während ich diesen Block schreibe, merke ich, wie es mir hilft das nochmals zu überdenken und klarer zu werden. Das alles muss so sein, um am Ende glücklich zu werden und zu bleiben. Bis zum nächsten Mal, Claudia :)))


Sonntag, 4. Juni 2017

23. Tag - Definition Assessment

Assessment fragt: Was ist das Problem? Wie sehr trägt es zu einem Leidensgefühl der Person bei? Inwieweit und auf welche Art beeinflusst es das tägliche Leben? Inwieweit kann die Person Kontrolle über das Problem ausüben? Was sind die Lebensziele einer Person?

Alle diese Fragen wurden von uns erforscht, und zwar in Bezug auf uns selbst. Assessment erforscht auch, über welche Ressourcen, mit denen man beginnen könnte das Problem zu lösen, ein Mensch verfügt:

  • auf persönliche Ebene (Denken und Handeln, Spiritualität, Erfahrungen...)
  • auf sozialer Ebene
  • auf materieller Ebene

Die Aufgabe für uns: in der Kleingruppe wurden viele Bereiche gesammelt, in denen man bewertet wird. "Eigentlich wird man ständig getestet, begutachtet und bewertet. Aber für mich gibt es keine Gelegenheit, denselben Personen zu sagen, was hilfreich für mich ist und was nicht." Das war unser Ergebnis.

Assessment kann auch mit Zukunftsplanung gleichgesetzt werden. Die persönliche Zukunftsplanung bezeichnet eine Vielfalt von Methoden, die dazu dienen, gemeinsam eine Veränderung zu gestalten und umzusetzen.

Das Lin-Yutang-Modell zeigt auf, wie Wirklichkeit und Träume unsere Zukunftsplanung beeinflussen können. Die Betrachtung dieses Modells ist sehr interessant.


 

Träume sind wichtig:
  • Jeder Mensch verdient eine Person, der an sie glaubt, ihre Träume ernst nimmt und sich für sie einsetzt.
  • Träume haben als Träume ihre Berechtigung
  • In den Träumen, Visionen liegt unsere Motivation
  • Träume auf ihren Kern hin erkunden
  • Träume in gangbaren Schritte umwandeln
  • Wenn Du niemandem von Deinen Träumen erzählst, kann Dir auch einer einen Traum erfüllen.
Und die Wirklichkeit?
  • wir müssen die Wirklichkeit als gestaltbar begreifen
  • Ziele und Träume in kleine, realistische Schritte zergliedern
  • Die Wirklichkeit aus verschiedenen Perspektiven beschreiben, drehen und wenden
  • Lebensstilplanung: wie lebe ich jetzt, wie möchte ich leben?

Was bedeutet denn Zukunftsplanung?
  • wir finden zusammen heraus, was Menschen in ihrem Leben ändern wollen
  • was erforderlicher Unterstützungsbedarf dabei ist
  • wir arbeiten gemeinsam und kreativ an Problemlösungen
  • Menschen werden mobilisiert, motiviert und sensibilisiert

Die letzte Aufgabe an diesem Tag: wir sollten unseren persönlichen Genesungsplan erstellen und darüber nachdenken, welche Schritte wir gegangen sind. Dafür hatten wir ca. 30 Minuten Zeit. Und wieder wurde in Gruppen ausgearbeitet, was jeder so für sich erarbeitet hat. Der Austausch mit der ganzen Gruppe bringt mir persönlich sehr viel, lerne ich doch die Sichtweisen anderer Betroffenen kennen.




 
 
 
Zusammenfassung: Assessment ist
  • individuell
  • knüpft an Stärken und Schwächen an, beleuchtet diese und stellt letztere auch mal in Frage
  • will die Person bestärken selbst zu entscheiden, etwas zu tun
  • wächst aus einem Kreis von Menschen, die einem etwas bedeuten
  • ist informell und kreativ
  • bringt verschiedene Ideen und Perspektiven zusammen
  • erkundet Möglichkeiten
  • lässt offene Fragen zu
  • ist ein kontinuierlicher Problemlösungsprozess
  • lässt konkrete Schritte folgen (Aktionsplan)
 Ein Aktionsplan besteht aus fünf Schritten, die nach jedem Schritt immer wieder fragen:
  1. Was ist mein Ziel?
  2. Was muss ich dafür unternehmen?
  3. Wann will ich dies tun?
  4. Realisierung?
  5. Was macht mir deutlich, dass ich mein Ziel erreicht haben?

Dieser Tag war voll gepackt mit Eindrücken, Emotionen und Informationen. Mein Kopf ist voll, mein Herz läuft über von Schmerz, aber auch von Glück. Glück deshalb, dass ich einen Teilnehmer bei mir übernachten lassen kann, der kein Geld für ein Hotel hat (er musste letzte Nacht im Auto schlafen) und ich mir wieder bewusst bin, wie gut es mir geht. :))





Dienstag, 30. Mai 2017

22. Tag - Assessment

Dieses Modul ist sehr geprägt von den Referaten, bei denen wir zugehört haben. An diesem Wochenende waren wir vier Teilnehmer, darunter auch ich. Ich kam am Samstag dran, zusammen mit einem Teilnehmer.

Dieser Blogeintrag wird nicht wie üblich sein, denn es gelingt mir nicht, irgendetwas ausführlich zu beschreiben, das Thema Assessment werde ich aber später etwas erklären.

Wenn ich an dieses Wochenende zurückdenke, bekomme ich Tränen in die Augen, denn das was ich dort bei den Referaten der Anderen hörte und dabei auch fühlte, ist schwer zu ertragen. Unsere Geschichten hatten eines gemeinsam: Alkoholkranke Mütter und Väter. Die aufgezeigten Schicksale, der ständige Überlebenskampf. Die unsäglichen Versuche Aufmerksamkeit zu bekommen, um kläglich zu scheitern. Als Jugendliche schon Schläge, Wutanfälle, Gegenstände die auf einen zufliegen, Androhung von Gewalt; wie soll man das aushalten, wie verarbeiten? Mit der Zeit baut sich jeder von uns seine eigene Welt auf, taucht als zweites Ich unter. Bekommt eine Psychose, wird manisch-depressiv oder wie ich depressiv mit Angstzuständen. Und leider hatten wir alle auch Suizidgedanken. Unsere Geschwister werden auch nicht geschont, so trifft es nicht nur uns selbst sondern die ganze Familie und das Umfeld. Alles verändert sich, jeder kämpft um sein Überleben, Gemeinschaft in diesem Sinne ist nicht mehr möglich.
Von Referat zu Referat wurde die Wut und die Ohnmacht bei mir so stark, dass mir nur noch die Tränen liefen. Da sitzen Menschen mit mir im Kreis, die wie ich schlimme Dinge gesehen und erlebt hatten. Ich lerne sie als liebenswerte und lustige Menschen kennen, mit denen man auch Spaß haben kann. Ein Mensch kann viel aushalten und ertragen, doch irgendwann wird die Seele krank und man kann nichts dagegen tun. Am Anfang dachte ich, das geht vorbei. Morgen kannst du wieder lachen, nein; das geht nicht. Etwas hält einen gefangen, eine bleierne Stimmung fällt dann auf mich und drückt mich nieder. Das ist mal da, dann ist es wieder weg; mal bleibt es nur kurz, dann wieder wochenlang. Und hast du dich dann rausgekämpft, denkst du jetzt hast du es geschafft. Doch bei der nächsten belastenden Situation fängt diese Spirale von vorne an. Da kann dich nichts und niemand aufheitern oder trösten. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Stunden ich am weinen und verzweifeln war; mit Selbstvorwürfen machte ich es noch schlimmer. Das ist mit dem Verstand nicht zu begreifen.

Am Sonntag nach dem letzten Referat, haben alle (wirklich alle) geweint, die vorgetragene Geschichte übertraf alles, was man sich vorstellen kann. Und das höre ich von dem Menschen, der mich aus meinem Rückfall im Februar zurückgeholt hat, mit dem ich schon feiern war und er ein ganz liebenswerter toller Freund für mich geworden ist. Es war minutenlang still.
Eine Teilnehmerin bekam kaum Luft, sie schilderte es als Fassungslosigkeit. Wie kann man seiner Familie und vor allem den Kindern so Schreckliches antun? Wie überlebt man so etwas? Ihr war gar nicht bewusst, wie viel Gewalt in Familien herrscht. Da wurde mir auch klar, was für eine schlimme Zeit hinter mir liegt, dessen Ausmaß ich bis vor kurzem nicht bewusst wahrgenommen habe. Nach diesem Modul war ich bis Donnertag nicht ansprechbar, ich zog mich zurück; in meine Welt. Ich wurde sprachlos und freudlos angesichts der Tatsache, wie schwer dieser Kampf ins Leben zurück war. Und wie lange er dauerte. Gleichzeitig darf ich mich nicht zurücklehnen und sagen, es ist vorbei. Denn es kann schnell wieder über mich kommen, wenn ich nicht achtsam mit mir bin.
Heute freue ich mich über den Tag und dass es mir gut geht. Ich schaue in den Spiegel und sehe ein Lächeln. :)))





Samstag, 13. Mai 2017

21. Tag - Das eigene Fürsprecher-Profil

Auf dem Weg zum Unterricht hoffte ich, dass es heute ruhig bleibt und wir in Ruhe arbeiten können. Doch weit gefehlt: als ich in den Raum kam, sah ich, dass besagte Person von gestern ihren Begleiter mit dabei hatte. Aber sie beide saßen weit weg von den anderen, mein Bauch meldete sich. ohoh.
In der Blitzrunde fragte sie, ob ihr Mann zur Unterstützung bleiben könne. Nach kurzer Abstimmung musste er den Raum verlassen, was sie wiederum nicht gut fand. Sie heulte und zeterte mit uns. Nach ein paar Minuten hitziger Diskussion, sprang sie wieder auf und schrie: ich gehe jetzt und verlasse eure Gruppe, dann könnt ihr in Zukunft in Harmonie lernen. Weg war sie und seitdem hat sie keiner mehr gesehen. Das hat gesessen, und alles wieder vor dem Referat von einem von uns. Grabesstille, und ich sage Euch, wenn ich dran gewesen wäre, ich hätte mich geweigert, das Referat vorzutragen. Wie soll man sich konzentrieren nach solch einem Vorfall? Der Referierende machte es sehr souverän, und als er geendet hatte, war die Luft zum Schneiden. Wer ihn kennt weiß jetzt, warum er so ist wie er ist, und es ist gut so.

Kaffeepause.

Neues Thema: Welche Kernqualitäten habe ich? Jeder Mensch kommt mit vielen Kernqualitäten auf die Welt, im Laufe des Lebens werden diese aber durch verschiedene Erlebnisse und Krisen verschüttet. Man weiß gar nicht mehr, dass man sie hat. Doch bestimmte Kernqualitäten können auch eine Art "Falle" sein, z. Bsp. hat man viel Empathie mit jemanden, kann man leicht ausgenutzt werden. Oder durch zu viel Mitleid, leidet man selbst mit. Wir müssen Achtsamkeit üben, damit wir nicht in verschiedene Fallen tappen. Geduld ist für viele eine Herausforderung, doch oftmals muss man sie haben. Denn Veränderungen finden nicht von heute auf morgen statt, sie brauchen Zeit. Hat man nicht die nötige Geduld, wird man ungeduldig zum Leidwesen unserer Mitmenschen. Auch haben wir eine Allergie bestimmten Menschen gegenüber; die "Chemie" stimmt nicht. Man kann einfach keine Verbindung zu dem Gegenüber herstellen. Alles sträubt sich innerlich, so muss man lernen, damit auszukommen. Es gibt vielerlei Kernqualitäten und Eigenschaften die wir haben. Für alle, die mehr darüber lesen wollen, folgende Buchempfehlung:

 
 
 
 
Mittagspause.
 
Danach folgte eine kleine Bewegungsrunde mit unserem Dozenten. Im Kreis stehend machten wir immer die gleiche Schrittfolge im immer gleichen Rhythmus. Dazu sprachen wir verschiedene Obstsorten in unterschiedlichem Tempo, gleichzeitig versuchten wir die Schritte beizubehalten. Eine schöne Übung um abzuschalten und sich auf etwas ganz anderes zu konzentrieren. Und wir hatten Spaß dabei.
 
Eine sehr schöne Aufgabe, jedenfalls für mich, folgte: wir sollten als Kleingruppe überlegen, wie man eine Fürsprache-Stelle gründet und warum. Da konnte ich viel mitarbeiten, hatte ich ja Erfahrung damit, eine Firma zu gründen. Ich habe dann immer an mein Fitnessstudio gedacht, was alles zu erledigen war und was man zu beachten hatte. Alle Gruppen hatten interessante Vorschläge, in der Sache kam bei allen Ähnliches heraus.
 
Seht selbst und entscheidet. Welches spricht Euch am meisten an?
 


 






Kaffeepause.
 
Die letzten Gedanken galten uns selbst. Wo halte ich Fürsprache in eigener Sache? Wo trete ich für meine Rechte ein? Wie konsequent bin ich, wenn es um mich selbst geht? Das sind die Hausaufgaben für zu Hause. Ich überlege immer wieder mal, ob ich für mich einstehe wenn es nötig ist. Oder sage ich lieber nichts und schweige, um ja keine Diskussion auszulösen? Manchmal bin ich hin und hergerissen. Mir ist auch aufgefallen, dass es abhängig davon ist, wie es mir an diesem Tag geht. Fühle ich mich stark und ausgeglichen, rebelliere ich auch mal gerne. Bin aber dann auch bereit, anderen zu helfen. Fühle ich mich dagegen müde und schleppe mich so durch den Tag, verfalle ich ins Schweigen und schlucke runter. Aber ich weiß auch, dass das nur menschlich ist. Ich liebe mich so wie ich bin, grinse in den Spiegel und mache Sinnvolles mit meinem Leben.
 
Meine lieben Leserinnen und Leser, nächste Woche ist schon das nächste Modul. Ich habe es gerade so geschafft, dieses Modul zu beschreiben. Es war so viel los, dazwischen war ich wieder krank und habe mein Referat geschrieben. Doch alles ist fertig geworden, und das macht mich stolz.
 
 

Montag, 8. Mai 2017

20. Tag - Peer Counseling

Ein neuer Tag mit vielen Aufgaben lag vor mir, die Nacht war gut. Entspannt fuhr ich zum Kurs und war schon gespannt auf das Referat einer Teilnehmerin, die ich besonders gut leiden kann. Nach der Blitzlichtrunde (eine Teilnehmerin fehlte), fing sie an aus ihrem Leben zu erzählen und wieder lief es mir kalt den Rücken runter. Bei einer Episode ertappte ich mich dabei, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Bei der Reflektierung in der Gruppe stand ich nicht alleine mit dem Gefühl, wir waren alle sprachlos und hatten zugleich viel Respekt vor dieser Person, die trotz aller Widrigkeiten so eine Persönlichkeit geworden ist. Einige Minuten war es ganz still.
Dann kam die Teilnehmerin herein, die seit Monaten immer unpünktlich kommt. Jedenfalls hatten wir den Eindruck, dass es bei ihr normal ist. Da im Vorfeld der Dozent dieses Verhalten schon mit einem weiteren Teilnehmer diskutiert hat, sprach er dieses Thema in der Gruppe an. Eigentlich sprach er für uns alle. Die Bitte:" es wäre schön, wenn Du in Zukunft pünktlich kommen würdest, auch der Gruppe gegenüber zeugt das nicht viel von Respekt." Er hatte es noch nicht richtig ausgesprochen, sprang sie auf und rannte wutentbrannt nach draußen; keine Worte, nur Tränen und Geschrei. Da saßen wir alle wie die begossenen Pudel und waren sprachlos vor Erstaunen. Und jetzt? Ein anderer Teilnehmer ging hinterher und versuchte sie zu beruhigen, tatsächlich kam sie wieder in die Runde und erklärte uns, was es mit der Unpünktlichkeit auf sich hatte.

Kaffeepause. ( die war auch nötig)

Danach ging es dann endlich los mit dem Thema.
Die Wortbedeutung lautet: Peer = der/die Ebenbürtige, Gleichgestellte, Gleichaltrige,Gleichwertige
                                            Counseling = Beratung

Definition: Beratung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung.
PC ist eine notwendige Ergänzung in einem Rehabilitationsprozess, in dem ein behinderter Mensch, der einen erfolgreichen Übergang vom institutionellen Leben in das Leben in der Gemeine geschafft hat, anderen behinderten Menschen, die einen ähnlichen Weg gehen wollen, seine Erfahrungen zur Verfügung stellt, ihnen Informationen gibt und Verständnis entgegenbringt und sie auf ihrem Weg unterstützt. (Marsha Saxton, 1981)
Ziele des Peer Counseling:
  • eigene Entscheidungen treffen
  • entdecken von bislang unbekannten Möglichkeiten
  • entwickeln, entdecken und nutzen von individuellen Ressourcen
  • Schritte zu einem selbstbestimmten Leben
Danach mussten wir eine Beratungssituation nachspielen. Wieder ein Rollenspiel: ich spielte die Rolle einer Betroffenen, die ein Problem mit ihren Mitbewohnern hat und sich Unterstützung erhofft.
Meine Kollegin spielte die Fürsprecherin und ein dritter Teilnehmer beobachtete uns und machte sich Notizen. So hatte jeder eine halbe Stunde Zeit, und wir merkten, dass es wohl bedacht sein musste, Fragen zu stellen und die richtigen noch dazu. In der großen Gruppe wurden dann die verschiedenen Ergebnis vorgestellt.

Mittagspause.

Fürsprache in Konfliktsituationen, dieses Thema stellte uns vor zwei Aufgaben: was ist dabei hinderlich, und was ist dabei förderlich? Das wurde mit der ganzen Gruppe erarbeitet: die Ergebnisse könnt ihr unten sehen.




So, genug gearbeitet für heute. Es war ein langer und anstrengender Tag, bis morgen.


Samstag, 29. April 2017

19. Tag - Fürsprache

Zwischen beiden Modulen ging es mir sehr gut. Die Themen, die wir jetzt behandeln, sollen uns aufzeigen, wie wir mit zukünftigen Betroffenen arbeiten und wie wir ihre Interessen und Belange gegenüber Profis, Angehörigen und Institutionen vertreten und gegebenenfalls durchsetzten können.

Nach der Blitzlichtrunde wurde erst ein Referat eines Teilnehmers gehalten, es war wieder sehr bewegend. Das Gehörte muss erst mal reflektiert werden; dazu stehen wir alle wieder im Kreis und tauschen unsere Eindrücke aus. Der Referierende steht außerhalb und hört zu. Bisher war es immer so, dass der Referierende sehr gerührt war über die Eindrücke, die wir ihm indirekt berichteten. Und hilfreich. Natürlich ist jeder sehr erleichtert, es hinter sich gebracht zu haben. Denn seine eigene Lebensgeschichte vorzutragen ist eine Herausforderung. Dieser Herausforderung muss ich mich das nächste Modul stellen, am Samstag bin ich dran. :((

Kaffeepause.

Unser Dozent stellte uns einen Gastreferenten vor, der schon einige Jahre als Patientenfürsprecher in einer Klinik arbeitet. Wir konnten ihm über eine Stunde die verschiedensten Fragen stellen. Er beantwortete geduldig und geerdet alle unsere Fragen ( und das waren sehr viele), was wir sehr gut fanden. Denn in diesem Bereich wollen wir ja mal arbeiten, und es ist einfach mal hilfreich zu hören, wie es in der Praxis läuft. Natürlich hat er auch von Dingen berichtet, die nicht gut liefen und wie wenig man da Einfluss hat, einzugreifen. Aber er hat auch von erfreulichen Ergebnissen berichtet und das ist auch der Grund, warum er dieses Ehrenamt ausführt. Außer dem Kilometergeld bekommt er kein Geld für dieses Arbeit, er macht dies aus Berufung. Tolle Menschen gibt es!!

Kaffeepause.

Danach kam ein wenig praktischer Teil, wir lernten die Grundlagen des Rechtsstaatsprinzips kennen. Das Rechtsstaatsprinzip (allgemeines Grundrecht) heißt:
  • Selbstbestimmung
  • Freiheit
  • körperliche Unversehrtheit
Das Sozialstaatsprinzip bedeutet:
  • Unterstützung für Menschen in Notlagen
  • und besondere Lebenslagen
Im Grundgesetz steht folgendes:
  • das Recht auf Selbstbestimmung
  • Recht auf Hilfe im Rahmen der Gesetze
  • die Unantastbarkeit der Würde
  • Privatheit
  • Bürgerrechte
Dieses Thema wurde mit etwa einer Stunde behandelt, was jedoch bei weitem nicht ausreicht. Am Sonntag bekommen wir dann nochmals Gelegenheit uns damit zu beschäftigen.

Anschließend eine weitere Gruppenarbeit: Welche Erfahrungen habe ich mit Fürsprache?





Danach wurden die Ergebnisse in großer Runde ausgetauscht und besprochen. Eigentlich hält man überall Fürsprache für alles und jeden, ohne dass man sich darüber bewusst wird. :))

Der Abschluss bildete die Blitzlichtrunde und ziemlich entspannt fuhr ich nach Hause. Bis morgen.