Dienstag, 24. Januar 2017

10. Tag - Recovery

Dieses Mal fuhr ich mit einem komischen Gefühl zur Schule. Zwischen diesen beiden Modulen ist mein Vertrauen in unterschiedlichen Punkten erschüttert worden, es geschahen Dinge die mich sehr bewegten und Gefühle tauchten auf, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Im Innersten hoffte ich, dass es nicht geschieht. Stellte mich dann darauf ein und versuchte irgendwie durch diesen Tunnel zu kommen, ohne viel Schaden davonzutragen. Immer wieder wird mir so viel abverlangt auf meinem Weg zu bleiben, da passte dieses Thema genau. Ohne zu wissen, was auf mich zukam, welche Erschütterungen kommen sollten, starteten wir mit der Blitzlichtrunde. Ich war nicht allein mit meinen Gefühlen; viele hatten über die Feiertage Ähnliches erlebt.

Recovery - wieder genesen können. Hört sich gut an, aber: was bedeutet das für mich?

Die erste Diskussionsrunde hatte das Thema: Was macht für mich Lebensqualität aus bzw. was macht das Leben für mich lebenswert? Es wurde ausgiebig diskutiert und aufgeschrieben, nachgedacht und man hat richtig gespürt, wie sehr es in uns arbeitet. Was sehr erstaunlich war, keiner der Teilnehmer hat über materielle Dinge wie Haus, Auto, gut bezahlter Job, tolle Reisen gesprochen (natürlich aber über ein Einkommen, mit dem man seinen Lebensstandard finanzieren kann). Am wichtigsten sind für uns die Punkte: Angenommen sein wie man ist, Achtsamkeit mit sich selbst, Zeit für Hobbies zu haben, einfach sein zu können ohne etwas leisten zu müssen. Freunde und Familie um sich zu haben, die für uns da sind (in guten wie in schlechten Zeiten) und natürlich Gesundheit. Ist doch nichts besonderes denkt ihr bestimmt, doch für uns als Betroffene sind das sehr wichtige Dinge, die wir lange nicht erleben konnten; geschweige denn uns traute, es auszusprechen oder einzufordern.

Grundannahmen von Recovery
- Gesundung ist auch bei schweren psychischen Erkrankungen möglich!
- ohne Hoffnung geht es nicht!
- jeder Genesungsweg ist anders!
- Gesundung ist kein linearer Prozess!
- Gesundung geschieht auch, wenn Symptome fortbestehen und Krisen auftreten!
- Krankheit und Gesundung verändern Menschen!
- Gesundung ist mit, ohne und "trotz professioneller Hilfe" möglich!

Kaffeepause.

Danach wieder eine kleine Gruppe wählen (hatte wirklich schwierige Teilnehmer bei mir) und das Thema: Wie definiere ich für mich Recovery. Wir sollten einen Vortrag vorbereiten, was nicht machbar war. Mit einer Teilnehmerin hatte ich schon am Anfang es Kurses Schwierigkeiten; sie verlässt heulend die Runde, weil sie was falsch versteht oder es zu persönlich nimmt. So auch dieses Mal. Die Dozentin fragte, ob wir im Gespräch sind. Ich verneinte und sagte dass es nicht möglich wäre etwas zu schreiben. Irgendwann war die Zeit zu Ende und wir hatten kein Ergebnis, die anderen zwei Teilnehmer wirkten auch nicht aktiv mit. In der großen Diskussionsrunde musste ich dann darüber sprechen, warum es uns nicht gelungen ist. Ufff! Damit war aber das Thema noch nicht erledigt, ich wurde nach draußen gerufen, um mit der betreffenden Person zu reden. Ich fragte sie, was denn vorhin ihr Problem mit mir gewesen sei. Sie: ich habe was missverstanden!!!! (den weiteren Dialog erspare ich euch).
In der abschließenden Blitzlichtrunde geschah dann etwas Unerwartetes: Sie bedankte sich bei mir in aller "Öffentlichkeit", durch meine Bemerkung wurde ihr klar, was eigentlich ihr Problem ist. Zum ersten Mal sah sie die Beziehung zwischen  Geld und Lebensmittel, die ganze Verstrickung zu ihrer Mutter und ihrer Vergangenheit. Sie wüsste aber nicht so genau, warum ich sie immer an bestimmten Punkten antriggern würde, es passierte eben.  Ich musste ein paar Mal schlucken, damit hätte ich nicht gerechnet.
Endlich Feierabend, doch der Abend ging noch weiter. Ein Teilnehmer hatte Karten für das Gerry-Jansen-Theater organisiert und 14 Mitstreiter gingen mit. Wir haben so viel gelacht, es war ein super Abschluss von einem sehr bewegenden Tag.

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