Mittwoch, 12. Juli 2017


25. Tag - Was ist Genesungsbegleitung/ein Experte aus Erfahrung?

Darüber kann man ewig diskutieren, sich stundenlang austauschen und miteinander nachdenken.
Was bedeutet es dem Einzelnen von uns? Jeder hat ja seine eigene Geschichte und Erfahrungen gemacht, die niemand anderer nachempfinden kann. Verständnis kann man haben, ja; aber mehr auch nicht.
Aus dem Curriculum EX-IN (von Haaster Utschakowski) zitiere ich folgendes:
"Ein Experte aus Erfahrung in der Gesundheitsversorgung ist jemand, der aktive Erfahrung mit Krankheit, Behinderung und/oder psychischen Problemen hat und der spezifische Fähigkeiten erworben hat, damit zu leben und im sozio-kulturellen oder institutionellen Kontext, in dem die Krankheit, die Behinderung und/oder die psychischen Probleme bedeutsam werden, umzugehen. Um ein Experte durch Erfahrung zu werden, ist es erforderlich, dass jemand seine eigenen Erfahrungen reflektiert und sie mit anderen, die die gleiche oder ähnliche Erfahrungen gemacht haben, teilt. Es ist erforderlich, dass die Experten unterschiedliche Situationen vergleichen."

" Welche Erfahrung meinen wir?
  • Erleben von Merkmalen von Krankheiten, Handicaps oder psychischen Leid, die Auswirkungen auf den Körper und die Identität, Umgang und Bewältigung dieser Erfahrungen
  • Autonomie und Unabhängigkeit in Alltagssituationen. Umgang mit Bewältigung von Einschränkungen
  • Erlebnisse und Gefühle von Einbezogen- und Ausgeschlossensein
  • In einer Welt zu Leben, in der deine Art zu leben nicht die Norm ist
  • Aktives soziales Leben
  • Gesundheitsversorgung in Anspruch nehmen; versorgt, behandelt werden; um Hilfe bitten
  • In einer Krise zu sein und von Professionellen abhängig zu sein."

Kaffeepause.

Ich muss dazu sagen, dass es sehr heiß war und im Allgemeinen merkte man, dass bei vielen die Luft raus ist. Es ist jetzt das 9. Modul und langsam geht auch mir die Puste aus. So viele Informationen, und ehrlich gesagt, bin ich nicht traurig darüber, wenn ich nach Ende dieser Ausbildung so manche Teilnehmer nicht mehr sehen und hören muss. Sorry für das gerade Gesagte, aber das gehört eben auch dazu: durchzuhalten, auch wenn es schwierig wird.

Nach der Kaffeepause machten wir eine Erfahrung mit einer Körperübung zu dritt. Auch weithin bekannt: ein Teilnehmer steht zwischen zwei Menschen und wird wie ein Pendel hin und her bewegt. Dazu muss sich dieser Teilnehmer ganz steif machen und darauf vertrauen, dass die Anderen ihn nicht fallen lassen. Eine von unserer Gruppe machte nach Jahrzehnten die Erfahrung, dass sie sich auf uns verlassen kann und das machte sie zu einem sehr glücklichen Menschen. Diese Person hat sich in diesem Kurs sehr zum Positiven verändert: sie überwindet Stück für Stück ihre Ängste. :))

Es folgten dann noch jede Menge Informationen über systemisches Material für Beratung und Begleitung. Diese systemische Konzepte der Arbeit mit der inneren Welt des Individuums erlauben uns, von einem ganzheitlichen systemischen Rahmenverständnis her auf der psychischen und der sozialen Ebene therapeutische Angebote zu gestalten. Dazu gab es viele Beispiele und auch Flipcharts, doch auch dem Teilnehmer, der diese Dinge in die Dropbox stellt, dem geht es zur Zeit nicht so richtig gut. Ich kann sie aber bestimmt nachreichen.

Dann endlich war früher als gewohnt Feierabend und wir hofften, dass es morgen nicht wieder so heiß werden würde.


Donnerstag, 8. Juni 2017


Liebe Leserinnen, liebe Leser. Ich habe am 23.Tag einige Dinge dazugeschrieben und auch ein paar Fotos eingefügt, die ich beim Schreiben noch nicht hatte. Es lohnt sich bestimmt, diesen Tag nochmals anzuschauen.

24. Tag - Recovery-Haus

Ein Recovery-Haus zu entwerfen war eine sehr schöne Aufgabe. Wie würde so ein Haus aussehen, was wünschen wir uns, wo sollte es gebaut werden, alle diese Fragen mussten von uns beantwortet werden. Wenn ich an meine Klinik zurückdenke, dann war es alles andere als ein freundliches, helles und einladendes Gebäude, sehr alt. Aber es lag in einem wunderschönen Park mit Weiher und vielen Bäumen. Es machte mit der Kleingruppe sehr viel Spaß, einfach mal unsere Vorstellungen auf das Papier zu bringen; wohl wissend, dass es in der Wirklichkeit so nie gebaut werden kann. Unsere Ergebnisse im Einzelnen:



 
 
Der nachfolgende Entwurf war von unserer Gruppe (zum Glück hatten wir die Künstlerin)


 Und geknetet haben wir auch noch. :))


Mittagessen.

Dann ging es bildlich gesprochen in den "Gemischtwarenladen". Unser Dozent hat es als einen Oberbegriff benutzt. Wir bekamen ganz viel Material, um mit einem Betroffenen ein Gespräch zu eröffnen und ein erstes Kennenlernen vorzubereiten. Wir bekamen : einen Revovery-Plan, den wir zusammen entwickeln; einen Recovery Aktivitäten Fragebogen; einen Bewertungsbogen; einen Krisenplan; eine Time-line (Vergangenheit und Gegenwart); einen Recovery-Stern.
Jede Menge Handwerkszeug im Koffer, so kann man für jeden einzelnen Patienten das richtige Werkzeug holen und sich mit ihm auf den Weg Recovery machen. Manchen Bogen und Plan mussten wir auch mal selbst ausfüllen, was gar nicht so schnell ging, da man immer wieder über die Fragen nachdenken musste.

Kaffeepause.

Letztes Thema, und das war von uns gewünscht, sollte die Beschreibung von verschiedenen Krankheitsbildern sein. Und dafür waren wir sehr dankbar, denn eigentlich wusste ich nicht wirklich, was "Borderline" bedeutet. Der Dozent schrieb verschiedene Krankheitsbilder auf Kärtchen und legte sie auf den Boden, und wir stellten uns jeweils zu dem für uns passenden Krankheitsbild daneben. So kamen die Gruppen zustande und wir versuchten zu beschreiben, wie sich das bemerkbar macht und wie wir uns fühlen.
Seht selbst mal genau die Ausarbeitungen an, bestimmt kennt Ihr auch Menschen, die eines der Krankheitsbilder haben. Vielleicht hilft es Euch, diese Menschen besser zu verstehen.






 
Meine Krankheitsbilder sind/waren Depression und Angstzustände.

 
Die letzte Aufgabe in diesem Modul ist geschafft. Was ein mega-volles Wochenende. Das braucht Zeit das alles zu verarbeiten. Aber während ich diesen Block schreibe, merke ich, wie es mir hilft das nochmals zu überdenken und klarer zu werden. Das alles muss so sein, um am Ende glücklich zu werden und zu bleiben. Bis zum nächsten Mal, Claudia :)))


Sonntag, 4. Juni 2017

23. Tag - Definition Assessment

Assessment fragt: Was ist das Problem? Wie sehr trägt es zu einem Leidensgefühl der Person bei? Inwieweit und auf welche Art beeinflusst es das tägliche Leben? Inwieweit kann die Person Kontrolle über das Problem ausüben? Was sind die Lebensziele einer Person?

Alle diese Fragen wurden von uns erforscht, und zwar in Bezug auf uns selbst. Assessment erforscht auch, über welche Ressourcen, mit denen man beginnen könnte das Problem zu lösen, ein Mensch verfügt:

  • auf persönliche Ebene (Denken und Handeln, Spiritualität, Erfahrungen...)
  • auf sozialer Ebene
  • auf materieller Ebene

Die Aufgabe für uns: in der Kleingruppe wurden viele Bereiche gesammelt, in denen man bewertet wird. "Eigentlich wird man ständig getestet, begutachtet und bewertet. Aber für mich gibt es keine Gelegenheit, denselben Personen zu sagen, was hilfreich für mich ist und was nicht." Das war unser Ergebnis.

Assessment kann auch mit Zukunftsplanung gleichgesetzt werden. Die persönliche Zukunftsplanung bezeichnet eine Vielfalt von Methoden, die dazu dienen, gemeinsam eine Veränderung zu gestalten und umzusetzen.

Das Lin-Yutang-Modell zeigt auf, wie Wirklichkeit und Träume unsere Zukunftsplanung beeinflussen können. Die Betrachtung dieses Modells ist sehr interessant.


 

Träume sind wichtig:
  • Jeder Mensch verdient eine Person, der an sie glaubt, ihre Träume ernst nimmt und sich für sie einsetzt.
  • Träume haben als Träume ihre Berechtigung
  • In den Träumen, Visionen liegt unsere Motivation
  • Träume auf ihren Kern hin erkunden
  • Träume in gangbaren Schritte umwandeln
  • Wenn Du niemandem von Deinen Träumen erzählst, kann Dir auch einer einen Traum erfüllen.
Und die Wirklichkeit?
  • wir müssen die Wirklichkeit als gestaltbar begreifen
  • Ziele und Träume in kleine, realistische Schritte zergliedern
  • Die Wirklichkeit aus verschiedenen Perspektiven beschreiben, drehen und wenden
  • Lebensstilplanung: wie lebe ich jetzt, wie möchte ich leben?

Was bedeutet denn Zukunftsplanung?
  • wir finden zusammen heraus, was Menschen in ihrem Leben ändern wollen
  • was erforderlicher Unterstützungsbedarf dabei ist
  • wir arbeiten gemeinsam und kreativ an Problemlösungen
  • Menschen werden mobilisiert, motiviert und sensibilisiert

Die letzte Aufgabe an diesem Tag: wir sollten unseren persönlichen Genesungsplan erstellen und darüber nachdenken, welche Schritte wir gegangen sind. Dafür hatten wir ca. 30 Minuten Zeit. Und wieder wurde in Gruppen ausgearbeitet, was jeder so für sich erarbeitet hat. Der Austausch mit der ganzen Gruppe bringt mir persönlich sehr viel, lerne ich doch die Sichtweisen anderer Betroffenen kennen.




 
 
 
Zusammenfassung: Assessment ist
  • individuell
  • knüpft an Stärken und Schwächen an, beleuchtet diese und stellt letztere auch mal in Frage
  • will die Person bestärken selbst zu entscheiden, etwas zu tun
  • wächst aus einem Kreis von Menschen, die einem etwas bedeuten
  • ist informell und kreativ
  • bringt verschiedene Ideen und Perspektiven zusammen
  • erkundet Möglichkeiten
  • lässt offene Fragen zu
  • ist ein kontinuierlicher Problemlösungsprozess
  • lässt konkrete Schritte folgen (Aktionsplan)
 Ein Aktionsplan besteht aus fünf Schritten, die nach jedem Schritt immer wieder fragen:
  1. Was ist mein Ziel?
  2. Was muss ich dafür unternehmen?
  3. Wann will ich dies tun?
  4. Realisierung?
  5. Was macht mir deutlich, dass ich mein Ziel erreicht haben?

Dieser Tag war voll gepackt mit Eindrücken, Emotionen und Informationen. Mein Kopf ist voll, mein Herz läuft über von Schmerz, aber auch von Glück. Glück deshalb, dass ich einen Teilnehmer bei mir übernachten lassen kann, der kein Geld für ein Hotel hat (er musste letzte Nacht im Auto schlafen) und ich mir wieder bewusst bin, wie gut es mir geht. :))





Dienstag, 30. Mai 2017

22. Tag - Assessment

Dieses Modul ist sehr geprägt von den Referaten, bei denen wir zugehört haben. An diesem Wochenende waren wir vier Teilnehmer, darunter auch ich. Ich kam am Samstag dran, zusammen mit einem Teilnehmer.

Dieser Blogeintrag wird nicht wie üblich sein, denn es gelingt mir nicht, irgendetwas ausführlich zu beschreiben, das Thema Assessment werde ich aber später etwas erklären.

Wenn ich an dieses Wochenende zurückdenke, bekomme ich Tränen in die Augen, denn das was ich dort bei den Referaten der Anderen hörte und dabei auch fühlte, ist schwer zu ertragen. Unsere Geschichten hatten eines gemeinsam: Alkoholkranke Mütter und Väter. Die aufgezeigten Schicksale, der ständige Überlebenskampf. Die unsäglichen Versuche Aufmerksamkeit zu bekommen, um kläglich zu scheitern. Als Jugendliche schon Schläge, Wutanfälle, Gegenstände die auf einen zufliegen, Androhung von Gewalt; wie soll man das aushalten, wie verarbeiten? Mit der Zeit baut sich jeder von uns seine eigene Welt auf, taucht als zweites Ich unter. Bekommt eine Psychose, wird manisch-depressiv oder wie ich depressiv mit Angstzuständen. Und leider hatten wir alle auch Suizidgedanken. Unsere Geschwister werden auch nicht geschont, so trifft es nicht nur uns selbst sondern die ganze Familie und das Umfeld. Alles verändert sich, jeder kämpft um sein Überleben, Gemeinschaft in diesem Sinne ist nicht mehr möglich.
Von Referat zu Referat wurde die Wut und die Ohnmacht bei mir so stark, dass mir nur noch die Tränen liefen. Da sitzen Menschen mit mir im Kreis, die wie ich schlimme Dinge gesehen und erlebt hatten. Ich lerne sie als liebenswerte und lustige Menschen kennen, mit denen man auch Spaß haben kann. Ein Mensch kann viel aushalten und ertragen, doch irgendwann wird die Seele krank und man kann nichts dagegen tun. Am Anfang dachte ich, das geht vorbei. Morgen kannst du wieder lachen, nein; das geht nicht. Etwas hält einen gefangen, eine bleierne Stimmung fällt dann auf mich und drückt mich nieder. Das ist mal da, dann ist es wieder weg; mal bleibt es nur kurz, dann wieder wochenlang. Und hast du dich dann rausgekämpft, denkst du jetzt hast du es geschafft. Doch bei der nächsten belastenden Situation fängt diese Spirale von vorne an. Da kann dich nichts und niemand aufheitern oder trösten. Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Stunden ich am weinen und verzweifeln war; mit Selbstvorwürfen machte ich es noch schlimmer. Das ist mit dem Verstand nicht zu begreifen.

Am Sonntag nach dem letzten Referat, haben alle (wirklich alle) geweint, die vorgetragene Geschichte übertraf alles, was man sich vorstellen kann. Und das höre ich von dem Menschen, der mich aus meinem Rückfall im Februar zurückgeholt hat, mit dem ich schon feiern war und er ein ganz liebenswerter toller Freund für mich geworden ist. Es war minutenlang still.
Eine Teilnehmerin bekam kaum Luft, sie schilderte es als Fassungslosigkeit. Wie kann man seiner Familie und vor allem den Kindern so Schreckliches antun? Wie überlebt man so etwas? Ihr war gar nicht bewusst, wie viel Gewalt in Familien herrscht. Da wurde mir auch klar, was für eine schlimme Zeit hinter mir liegt, dessen Ausmaß ich bis vor kurzem nicht bewusst wahrgenommen habe. Nach diesem Modul war ich bis Donnertag nicht ansprechbar, ich zog mich zurück; in meine Welt. Ich wurde sprachlos und freudlos angesichts der Tatsache, wie schwer dieser Kampf ins Leben zurück war. Und wie lange er dauerte. Gleichzeitig darf ich mich nicht zurücklehnen und sagen, es ist vorbei. Denn es kann schnell wieder über mich kommen, wenn ich nicht achtsam mit mir bin.
Heute freue ich mich über den Tag und dass es mir gut geht. Ich schaue in den Spiegel und sehe ein Lächeln. :)))





Samstag, 13. Mai 2017

21. Tag - Das eigene Fürsprecher-Profil

Auf dem Weg zum Unterricht hoffte ich, dass es heute ruhig bleibt und wir in Ruhe arbeiten können. Doch weit gefehlt: als ich in den Raum kam, sah ich, dass besagte Person von gestern ihren Begleiter mit dabei hatte. Aber sie beide saßen weit weg von den anderen, mein Bauch meldete sich. ohoh.
In der Blitzrunde fragte sie, ob ihr Mann zur Unterstützung bleiben könne. Nach kurzer Abstimmung musste er den Raum verlassen, was sie wiederum nicht gut fand. Sie heulte und zeterte mit uns. Nach ein paar Minuten hitziger Diskussion, sprang sie wieder auf und schrie: ich gehe jetzt und verlasse eure Gruppe, dann könnt ihr in Zukunft in Harmonie lernen. Weg war sie und seitdem hat sie keiner mehr gesehen. Das hat gesessen, und alles wieder vor dem Referat von einem von uns. Grabesstille, und ich sage Euch, wenn ich dran gewesen wäre, ich hätte mich geweigert, das Referat vorzutragen. Wie soll man sich konzentrieren nach solch einem Vorfall? Der Referierende machte es sehr souverän, und als er geendet hatte, war die Luft zum Schneiden. Wer ihn kennt weiß jetzt, warum er so ist wie er ist, und es ist gut so.

Kaffeepause.

Neues Thema: Welche Kernqualitäten habe ich? Jeder Mensch kommt mit vielen Kernqualitäten auf die Welt, im Laufe des Lebens werden diese aber durch verschiedene Erlebnisse und Krisen verschüttet. Man weiß gar nicht mehr, dass man sie hat. Doch bestimmte Kernqualitäten können auch eine Art "Falle" sein, z. Bsp. hat man viel Empathie mit jemanden, kann man leicht ausgenutzt werden. Oder durch zu viel Mitleid, leidet man selbst mit. Wir müssen Achtsamkeit üben, damit wir nicht in verschiedene Fallen tappen. Geduld ist für viele eine Herausforderung, doch oftmals muss man sie haben. Denn Veränderungen finden nicht von heute auf morgen statt, sie brauchen Zeit. Hat man nicht die nötige Geduld, wird man ungeduldig zum Leidwesen unserer Mitmenschen. Auch haben wir eine Allergie bestimmten Menschen gegenüber; die "Chemie" stimmt nicht. Man kann einfach keine Verbindung zu dem Gegenüber herstellen. Alles sträubt sich innerlich, so muss man lernen, damit auszukommen. Es gibt vielerlei Kernqualitäten und Eigenschaften die wir haben. Für alle, die mehr darüber lesen wollen, folgende Buchempfehlung:

 
 
 
 
Mittagspause.
 
Danach folgte eine kleine Bewegungsrunde mit unserem Dozenten. Im Kreis stehend machten wir immer die gleiche Schrittfolge im immer gleichen Rhythmus. Dazu sprachen wir verschiedene Obstsorten in unterschiedlichem Tempo, gleichzeitig versuchten wir die Schritte beizubehalten. Eine schöne Übung um abzuschalten und sich auf etwas ganz anderes zu konzentrieren. Und wir hatten Spaß dabei.
 
Eine sehr schöne Aufgabe, jedenfalls für mich, folgte: wir sollten als Kleingruppe überlegen, wie man eine Fürsprache-Stelle gründet und warum. Da konnte ich viel mitarbeiten, hatte ich ja Erfahrung damit, eine Firma zu gründen. Ich habe dann immer an mein Fitnessstudio gedacht, was alles zu erledigen war und was man zu beachten hatte. Alle Gruppen hatten interessante Vorschläge, in der Sache kam bei allen Ähnliches heraus.
 
Seht selbst und entscheidet. Welches spricht Euch am meisten an?
 


 






Kaffeepause.
 
Die letzten Gedanken galten uns selbst. Wo halte ich Fürsprache in eigener Sache? Wo trete ich für meine Rechte ein? Wie konsequent bin ich, wenn es um mich selbst geht? Das sind die Hausaufgaben für zu Hause. Ich überlege immer wieder mal, ob ich für mich einstehe wenn es nötig ist. Oder sage ich lieber nichts und schweige, um ja keine Diskussion auszulösen? Manchmal bin ich hin und hergerissen. Mir ist auch aufgefallen, dass es abhängig davon ist, wie es mir an diesem Tag geht. Fühle ich mich stark und ausgeglichen, rebelliere ich auch mal gerne. Bin aber dann auch bereit, anderen zu helfen. Fühle ich mich dagegen müde und schleppe mich so durch den Tag, verfalle ich ins Schweigen und schlucke runter. Aber ich weiß auch, dass das nur menschlich ist. Ich liebe mich so wie ich bin, grinse in den Spiegel und mache Sinnvolles mit meinem Leben.
 
Meine lieben Leserinnen und Leser, nächste Woche ist schon das nächste Modul. Ich habe es gerade so geschafft, dieses Modul zu beschreiben. Es war so viel los, dazwischen war ich wieder krank und habe mein Referat geschrieben. Doch alles ist fertig geworden, und das macht mich stolz.
 
 

Montag, 8. Mai 2017

20. Tag - Peer Counseling

Ein neuer Tag mit vielen Aufgaben lag vor mir, die Nacht war gut. Entspannt fuhr ich zum Kurs und war schon gespannt auf das Referat einer Teilnehmerin, die ich besonders gut leiden kann. Nach der Blitzlichtrunde (eine Teilnehmerin fehlte), fing sie an aus ihrem Leben zu erzählen und wieder lief es mir kalt den Rücken runter. Bei einer Episode ertappte ich mich dabei, wie mir die Tränen über die Wangen liefen. Bei der Reflektierung in der Gruppe stand ich nicht alleine mit dem Gefühl, wir waren alle sprachlos und hatten zugleich viel Respekt vor dieser Person, die trotz aller Widrigkeiten so eine Persönlichkeit geworden ist. Einige Minuten war es ganz still.
Dann kam die Teilnehmerin herein, die seit Monaten immer unpünktlich kommt. Jedenfalls hatten wir den Eindruck, dass es bei ihr normal ist. Da im Vorfeld der Dozent dieses Verhalten schon mit einem weiteren Teilnehmer diskutiert hat, sprach er dieses Thema in der Gruppe an. Eigentlich sprach er für uns alle. Die Bitte:" es wäre schön, wenn Du in Zukunft pünktlich kommen würdest, auch der Gruppe gegenüber zeugt das nicht viel von Respekt." Er hatte es noch nicht richtig ausgesprochen, sprang sie auf und rannte wutentbrannt nach draußen; keine Worte, nur Tränen und Geschrei. Da saßen wir alle wie die begossenen Pudel und waren sprachlos vor Erstaunen. Und jetzt? Ein anderer Teilnehmer ging hinterher und versuchte sie zu beruhigen, tatsächlich kam sie wieder in die Runde und erklärte uns, was es mit der Unpünktlichkeit auf sich hatte.

Kaffeepause. ( die war auch nötig)

Danach ging es dann endlich los mit dem Thema.
Die Wortbedeutung lautet: Peer = der/die Ebenbürtige, Gleichgestellte, Gleichaltrige,Gleichwertige
                                            Counseling = Beratung

Definition: Beratung von Menschen mit Behinderung für Menschen mit Behinderung.
PC ist eine notwendige Ergänzung in einem Rehabilitationsprozess, in dem ein behinderter Mensch, der einen erfolgreichen Übergang vom institutionellen Leben in das Leben in der Gemeine geschafft hat, anderen behinderten Menschen, die einen ähnlichen Weg gehen wollen, seine Erfahrungen zur Verfügung stellt, ihnen Informationen gibt und Verständnis entgegenbringt und sie auf ihrem Weg unterstützt. (Marsha Saxton, 1981)
Ziele des Peer Counseling:
  • eigene Entscheidungen treffen
  • entdecken von bislang unbekannten Möglichkeiten
  • entwickeln, entdecken und nutzen von individuellen Ressourcen
  • Schritte zu einem selbstbestimmten Leben
Danach mussten wir eine Beratungssituation nachspielen. Wieder ein Rollenspiel: ich spielte die Rolle einer Betroffenen, die ein Problem mit ihren Mitbewohnern hat und sich Unterstützung erhofft.
Meine Kollegin spielte die Fürsprecherin und ein dritter Teilnehmer beobachtete uns und machte sich Notizen. So hatte jeder eine halbe Stunde Zeit, und wir merkten, dass es wohl bedacht sein musste, Fragen zu stellen und die richtigen noch dazu. In der großen Gruppe wurden dann die verschiedenen Ergebnis vorgestellt.

Mittagspause.

Fürsprache in Konfliktsituationen, dieses Thema stellte uns vor zwei Aufgaben: was ist dabei hinderlich, und was ist dabei förderlich? Das wurde mit der ganzen Gruppe erarbeitet: die Ergebnisse könnt ihr unten sehen.




So, genug gearbeitet für heute. Es war ein langer und anstrengender Tag, bis morgen.


Samstag, 29. April 2017

19. Tag - Fürsprache

Zwischen beiden Modulen ging es mir sehr gut. Die Themen, die wir jetzt behandeln, sollen uns aufzeigen, wie wir mit zukünftigen Betroffenen arbeiten und wie wir ihre Interessen und Belange gegenüber Profis, Angehörigen und Institutionen vertreten und gegebenenfalls durchsetzten können.

Nach der Blitzlichtrunde wurde erst ein Referat eines Teilnehmers gehalten, es war wieder sehr bewegend. Das Gehörte muss erst mal reflektiert werden; dazu stehen wir alle wieder im Kreis und tauschen unsere Eindrücke aus. Der Referierende steht außerhalb und hört zu. Bisher war es immer so, dass der Referierende sehr gerührt war über die Eindrücke, die wir ihm indirekt berichteten. Und hilfreich. Natürlich ist jeder sehr erleichtert, es hinter sich gebracht zu haben. Denn seine eigene Lebensgeschichte vorzutragen ist eine Herausforderung. Dieser Herausforderung muss ich mich das nächste Modul stellen, am Samstag bin ich dran. :((

Kaffeepause.

Unser Dozent stellte uns einen Gastreferenten vor, der schon einige Jahre als Patientenfürsprecher in einer Klinik arbeitet. Wir konnten ihm über eine Stunde die verschiedensten Fragen stellen. Er beantwortete geduldig und geerdet alle unsere Fragen ( und das waren sehr viele), was wir sehr gut fanden. Denn in diesem Bereich wollen wir ja mal arbeiten, und es ist einfach mal hilfreich zu hören, wie es in der Praxis läuft. Natürlich hat er auch von Dingen berichtet, die nicht gut liefen und wie wenig man da Einfluss hat, einzugreifen. Aber er hat auch von erfreulichen Ergebnissen berichtet und das ist auch der Grund, warum er dieses Ehrenamt ausführt. Außer dem Kilometergeld bekommt er kein Geld für dieses Arbeit, er macht dies aus Berufung. Tolle Menschen gibt es!!

Kaffeepause.

Danach kam ein wenig praktischer Teil, wir lernten die Grundlagen des Rechtsstaatsprinzips kennen. Das Rechtsstaatsprinzip (allgemeines Grundrecht) heißt:
  • Selbstbestimmung
  • Freiheit
  • körperliche Unversehrtheit
Das Sozialstaatsprinzip bedeutet:
  • Unterstützung für Menschen in Notlagen
  • und besondere Lebenslagen
Im Grundgesetz steht folgendes:
  • das Recht auf Selbstbestimmung
  • Recht auf Hilfe im Rahmen der Gesetze
  • die Unantastbarkeit der Würde
  • Privatheit
  • Bürgerrechte
Dieses Thema wurde mit etwa einer Stunde behandelt, was jedoch bei weitem nicht ausreicht. Am Sonntag bekommen wir dann nochmals Gelegenheit uns damit zu beschäftigen.

Anschließend eine weitere Gruppenarbeit: Welche Erfahrungen habe ich mit Fürsprache?





Danach wurden die Ergebnisse in großer Runde ausgetauscht und besprochen. Eigentlich hält man überall Fürsprache für alles und jeden, ohne dass man sich darüber bewusst wird. :))

Der Abschluss bildete die Blitzlichtrunde und ziemlich entspannt fuhr ich nach Hause. Bis morgen.

Donnerstag, 6. April 2017

18. Tag - Was ist der Sinn einer Krise?

Das fragte ich mich oft. Früher konnte ich nichts Gutes daran finden. Erst viel später spürt man eine Veränderung, und es braucht lange Zeit, bis man das erkennt. Was soll daran sinnvoll sein, wenn man am Boden liegt und kaum Kraft hat, aufzustehen? Immer und immer wieder muss dieser Weg gegangen werden, und auch Rückschläge gehören dazu.

Als an diesem Morgen ein Teilnehmer seine Lebensgeschichte vorträgt, wurde ich ganz traurig und dankbar, dass mir so ein Schicksal erspart geblieben ist. Sicher, mein Leben mit alkoholkranken Eltern war auch sehr belastend. Aber dieses Referat machte uns alle sprachlos und nachdenklich. Gleichzeitig war es aber auch sehr faszinierend anzusehen, dass dieser tolle Mensch, der hier spricht, das alte Leben hinter sich gelassen hat und vor einem steht. Mit solcher Freude am Leben und mit Zielen, die er erreichen will; dass ist der Lohn für seinen harten Weg den er durchschritten hat.

Kaffeepause.

Was der Sinn einer Krise ist? Darin waren wir uns nach großer Gruppenarbeit alle einig: wir wären heute nicht die Persönlichkeiten, die wir jetzt im Hier und Jetzt sind.
Ich habe mich nach langen Kämpfen und Verzweiflung von meinem Korsett befreit, dass mich eingeengt und erniedrigt hat. Ich habe gelernt loszulassen; das hat mir geholfen wieder mein Leben zu leben wie ich es für richtig halte. In den letzten Jahrzehnten versuchte ich mit allen Möglichkeiten, die Zuneigung und Anerkennung von meinen Eltern zu bekommen. Doch immer wieder endete es mit Enttäuschung, Wut und Hoffnungslosigkeit. Ich habe gelernt, dass es nur gelingen kann wenn beide beteiligten Seiten mitarbeiten und das gleiche Ziel verfolgen. Bei mir war das nicht der Fall. Seit ich den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen habe (es war kurz vor Weihnachten 2016) geht es mir gut wie seit langem nicht mehr, die negative Stimmung und die verbrauchte Energie rauben mir keinen Schlaf mehr; ich wandelte sie in positive Energie um und versuche mich in neuen Projekten. So kommt Stück für Stück mein Selbstvertrauen zurück.

Mittagspause.

Nach der Pause bekamen wir noch die Aufgabe:
Welche Arten von Selbsterforschung nutzt ihr? Es ging dabei aufzuschreiben, was einem hilft, um sich selbst besser kennenzulernen. Es gab jede Menge Dinge, die wir auf viele Flipcharts geschrieben haben. z.B. Achtsamkeitsübungen, Musik hören/machen, Bücher lesen, tanzen, laufen. Zusammengefasst kann man sagen: alles was einem gut tut und ruhig werden lässt und in diesem Moment einfach nur sein darf. Ohne etwas leisten zu müssen. Die Gedanken ruhen zu lassen und in sich ruhen. Mehr müssen wir nicht tun, einfach nur "sein".

Durch dieses Modul habe ich mich wieder ein Stück besser kennengelernt. Und das ist gut so.
Bis zum nächsten Blog wünsche ich Euch allen schöne sonnige Tage und ein fröhliches Osterfest.

Dienstag, 4. April 2017

17. Tag - Das Interview

Alles gut bei mir, die Nacht war ruhig. Ich fühlte mich ausgeruht und freute mich auf den Tag. Heute beschäftigten wir uns sehr intensiv mit dem Thema: welche Fragetechnik gibt es bei einem Interview und was ist das Ziel?
Wir lernen dabei von den Erfahrungen anderer, gleichzeitig reflektieren wir die eigenen Erfahrungen. Und wir erlernen mit Hilfe strukturierter Interviews andere zu unterstützen, mehr Klarheit über die eigenen Erfahrungen zu gewinnen.

Die Kunst des Fragens
Mit der richtigen Fragetechnik können wir
  1. Gesprächspartner oder Kollegen aktivieren
  2. die zwischenmenschlichen Beziehungen im Gespräch intensivieren
  3. neue Sichtweisen und Ideen kreieren und
  4. das Gespräch steuern.
 Innerhalb des Interviews unterscheidet man zwischen offenen und geschlossenen Fragen.
Offene Fragen: Mit offenen Fragen können wir dem/der Befragten eine Vielzahl an Beantwortungsmöglichkeiten einräumen. Dadurch schränken wir ihn in keiner Weise ein, akzeptieren aber auch kein einfaches "Ja" oder "Nein". So geben wir dem/der Befragten bewusst die Möglichkeit zu sagen, was er/sie denkt oder meint.
Geschlossene Fragen: Sie heißen so, weil die Frage selbst schon die Antwortmöglichkeiten definiert: die Antworten liegen in einem geschlossenen Bereich. Der Freiheitsgrad für den Antwortenden ist auf eine der zwei Möglichkeiten beschränkt:
  1. Variante 1: ja oder nein? (Hast Du die Unterlagen schon durchgesehen?)
  2. Variante 2: gelb oder grün? (Wann willst Du das nachholen, heute oder morgen?)
Außerdem gibt es noch die reflektierenden Fragen. Sie laden die/den Befragte/n dazu ein, gedanklich zu experimentieren. Auch sie werden im Konjunktiv formuliert. ("Wenn du die Möglichkeit sähest, ein bisschen Freizeit zu opfern, wofür würdest du sie sinnvoller Weise investieren?)

Kaffeepause.

Nach kurzer Pause musste ich mit meinem Partner ein strukturiertes Interview führen, das ca. 45 Minuten dauern sollte. Die Kunst lag nicht an den Fragen, die vorgegeben waren, sondern dass man seine eigenen Erfahrungen nicht mitgeteilt hat. Mein Partner musste schon einige Male lange überlegen, was er antworten wollte. So einfach waren die Fragen nicht zu verstehen.

Dann kam eine kleine Bewegungseinheit von mir. Ich brachte die Teilnehmer mit Bierdeckel und Tischtennisball dazu, sich zu bewegen und dabei auch noch Spaß zu haben. Das tat allen richtig gut und so durchgeschüttelt machten wir uns wieder an die Arbeit.

Dieses Mal wurde ich von meinem Partner mit den gleichen Fragen interviewt, doch ich stellte fest, dass es gar nicht so einfach war, auf der anderen Seite zu stehen. Fielen mir vorher noch alle Antworten spontan beim Fragen ein, so musste ich jetzt lange nachdenken, was wann und wo geschehen ist und wie es mir dabei ging.

Kaffeepause.

Und noch eine neue Art von Interview sollten wir kennenlernen: Reflecting-Team.
Wir wenden das schon bei uns in der Gruppe an, und zwar wenn ein Teilnehmer sein Referat hält.
Während er/sie es vorträgt, befindet er sich bei uns im Stuhlkreis oder steht neben uns. Nach dem Vortrag verlässt er/sie die Runde und setzt sich außen an den Rand vom Raum. Und jetzt beginnt das Reflecting-Team im Stuhlkreis: wir unterhalten uns respektvoll über das Gehörte und über den Vortragenden; wir geben kurze Stellungsnahmen wie das Gehörte auf uns wirkt und beschreiben wie es uns dabei geht. Dadurch können wir dem /der Referierenden ein gutes, sinnbringendes Feedback geben.
Im Anschluss an das Reflecting-Team wird der Referierende wieder in den Stuhlkreis aufgenommen. Er/sie benennt, ob und inwieweit ihm/ihr das Gesagte hilfreich oder angenehm gewesen ist. Das Setting wird aufgelöst und eine 10-minütige Pause festgelegt, um in Ruhe nochmals darüber nachdenken zu können.

Auch unser Kurs löst sich jetzt auf, es ist 17.00 Uhr und kein Raum mehr im Kopf zum denken frei. Zumindest bei mir, ich freue mich nur noch auf zu Hause und auf meine Familie. Bis morgen.....

Montag, 3. April 2017


Und mein Weg geht weiter...

In den letzten vier Wochen hat sich viel in mir bewegt. Nicht immer waren es positive Gefühle, doch die negativen Gedanken hatte ich schnell wieder im Griff.
In den letzten vier Wochen hatte ich zwei Abstürze, mit denen ich nicht gerechnet habe. Den ersten Absturz versuchte ich euch zu beschreiben, den zweiten Absturz erlebte ich mitten der Geburtstagsfeier meines Mannes. Ich merkte es schon am Mittagsessen, dass meine schwarze Wolke über mir schwebt, aber habe es leider nicht rechtzeitig geschafft mir eine Auszeit zu nehmen. Und dann gegen Abend ging es nicht mehr, ich litt unter Übelkeit, schlechte Gedanken und Angstzustände. Ich machte mir große Sorgen, dass ich in Zukunft wieder öfter darunter leiden könnte: das raubte mir alle Kräfte. Die Nacht war unglaublich schwer, irgendwann um 6.00 Uhr bin ich eingeschlafen. Nach ein paar Stunden Schlaf ging es mir relativ gut, konnte sogar frühstücken. Nachdem alles Gäste abgefahren waren, zog ich die Laufschuhe an und drehte eine große Runde. Und da war es wieder, das positive Gefühl. Freiheit, meinen Körper zu spüren und meinem gleichmäßigen Atem zuzuhören.
Ich habe jetzt endlich gegriffen, wie ich meine schwarze Wolke in den Griff bekomme und das fühlt sich super gut an. Mit einem komischen Gefühl machte ich mich dann am Freitag auf dem Weg zum nächsten Modul.

16. Tag - Selbsterforschung

 Das Modul Selbsterforschung dient der strukturierten Reflektion der eigenen Erfahrung. Gleichzeitig sollen die Teilnehmerinnen erlernen, mit Hilfe strukturierter Interviews andere Betroffene dabei zu unterstützen, mehr Klarheit über die eigenen Erfahrungen zu gewinnen. ( aus dem EX-IN-Curriculum für Trainerinnen)

Bevor wir in dieses Thema eintauchten, erzählte eine Teilnehmerin ihre Lebensgeschichte anhand eines Referates, das sehr bewegend war. Jeden Kurstag bis September muss jeweils ein Teilnehmer über sein Leben berichten, egal in welcher Form. Ich bin im Mai dran, habe gottseidank mein Referat schon länger geschrieben.

Dann ging es los: Was ist Selbstoffenbarung - oder auch Self-Disclosure genannt? Ein Teilgebiet der Kommunikationswissenschaften befasst sich mit der Frage: "Wie kommt es dazu, dass sich unsere Beziehungen zueinander vertiefen, während wir uns besser kennen lernen?"
Self Disclosure beschreibt in diesem Zusammenhang, auf welche Weise Menschen einander Informationen über sich selbst zukommen lassen. Indem wir unseren Gegenüber Informationen über uns geben, verstehen wir einander besser, machen wir den Kontext unserer Beziehung klarer, unmissverständlicher.

Self-Disclosure nach dem "Johari-Fenster" (von: Joseph Luft & Harry Ingham) beschreibt folgende Bereiche:
  1. Was ich über mich weiß und anderen gerne erzähle. Dies ist der Bereich freien Handelns, hier bin ich oft öffentliche Person, z.B. im Beruf oder im Verein. Die hier gezeigten Aspekte und Handlungsweisen sind anderen bekannt.
  2. Was ich nicht über mich weiß, was aber andere wissen. Der Bereich des "blinden Flecks", unser Balken im Auge. Hier sind Verhaltensweisen gemeint, die wir selbst nicht als auffällig an uns erkennen, oder die wir gar nicht sehen. Dafür jedoch die anderen. - Oder wir glauben etwas klar auszudrücken, was die anderen aber völlig anders auf-fassen. Feedback ist hier entweder erhellend oder verletzend!
  3. Was ich über mich weiß und für mich behalte. Bereich des Verbergens, z.B. heimlicher Süchte, böser Gedanken oder einer unrühmlichen Vergangenheit. Vorsicht: Hier sind wir ggf. erpressbar. Dieses Feld wird umso kleiner, je mehr wir Vertrauen zu anderen entwickeln.
  4. Was weder ich noch andere über mich wissen. Wir sind vielschichtiger als wir denken. Ab und an dringt etwas durch unser Unterbewusstsein hervor, das wir vor uns selbst verbergen, z.B. durch einen Traum. Wir sprechen hier von den verdrängten Anteilen dessen, was wir "Ich" nennen.
Viel Information, rege Diskussion im Stuhlkreis.

Kaffeepause.

Nach einem stärkenden Kaffee mussten wir folgende Aufgabe lösen: Nehme ein Erlebnis oder eine Situation aus deinem Leben und beschreibe sie anhand "Tuulas-Beziehungskommunikation". Erzähle es in der Küchenversion (fast jedem/jeder), in der Wohnzimmerfassung (Freunde, Familienmitglieder) und im Schlafzimmergeflüster (Eheleute, beste Freundin/bester Freund).

Ich suchte mir dafür das Thema Flitterwochen aus.
Küchenversion: Die Flitterwochen waren anstrengend, da es an der Hochzeitsfeier mal wieder zu Streitigkeiten innerhalb der Familie kam.
Wohnzimmerfassung: Ich lag in Salzburg im Krankenhaus mit dem Verdacht auf einen Nervenzusammenbruch. Die Tage in der Pension verbrachte ich nur schlafend oder heulend. Aber so richtig kann ich mich nicht mehr daran erinnern.
Schlafzimmergeflüster: ich erzählte meinem Mann ausführlich wie die Situation für mich ist und wie lange ich damit schon kämpfe. Erzählte ihm, wie schlecht es mir teilweise geht und dass ich Angst vor der Zukunft habe. Ich versuchte ihm zu beschreiben, wie sich die Symtome anfühlten und erzählte von meinen Gedanken die mich quälten.

Puh, Gedanken an früher kommen hoch. Doch dieses Mal kriegen sie mich nicht klein, denn das ist alles schon lange her. Im Hier und Jetzt geht es mir gut, das ist das Wichtigste. Auf dem Heimweg fühlte ich mich das erste Mal richtig gut und entspannt, welch Erfolg zum letzten Modul. :)))


Donnerstag, 23. Februar 2017

💗   Nachtrag zum Modul - Trialog und Perspektivwechsel

Dieses Modul aufzuschreiben, kostete mich viel Kraft. Gleichzeitig bedeutet es für mich die Aufarbeitung eines Traumas, das ich schon so lange mit mir trage.
Meine Rückenschmerzen sind nicht wirklich weg, doch ich achte eben auch meine Bewegungen.
Die Nächte sind wieder normal, mein Seelenzustand einigermaßen im Gleichgewicht. Beim Schreiben dieser Seiten hatte ich Bauchschmerzen, eiskalte Finger und Tränen liefen mir über das Gesicht.
Doch ich bin dankbar für diese Erfahrung, es bringt mich wieder ein kleines Stück näher an mich heran. Ich will Euch sagen: das Leben ist schön und ihr seid ein Teil davon, danke.


15. Tag - Mein ganz persönlicher Absturz

Was soll ich schreiben? Wo fang ich an? Wie konnte das passieren?
Die Nacht war ganz gut, ich habe zwar nicht tief geschlafen doch mittlerweile ist das an den Ex-In-Wochenenden auch normal. Um 7.00 Uhr bin ich aufgewacht und fühlte ein Gefühl in mir hochsteigen, dass mich an meine Flitterwochen erinnerte. Zur damaligen Reise nach Salzburg habe ich gar keine gute Erinnerung, denn ich wurde ins Krankenhaus eingeliefert: Diagnose Nervenzusammenbruch. Und genau so erlebte ich es wieder: ich gab alles von mir, hatte schreckliche Gedanken an Aufgabe und Hoffnungslosigkeit. Mein geliebter Mann weilte in Thailand, ihn konnte ich nicht greifen. Panik kam hoch, ich lief wie ein Tiger im Kreis und versuchte mich abzulenken. Ich hatte großen Hunger, doch konnte nichts essen. Angstzustände, alles könnte wieder so werden, wie früher. Nicht noch einmal durch die Hölle und zurück. Ich versuchte meine Gedanken zu ordnen und an die letzten Module zu denken, worauf kann ich zurückgreifen, wenn ich die Anzeichen kenne? Ich rief dann einen Teilnehmer an, mit dem ich zwischenzeitlich befreundet bin. Seine beruhigenden Worte taten gut und ich schaffte es, Toast zu essen und mich für den Kurs zu richten. Er wollte mich abholen, doch ich versicherte ihm dass ich selbst fahren kann. Ich hatte ja die Option heimzugehen, wenn es gar nicht anders geht. Insgeheim wusste ich, dass das ein wichtiger Weg für mich ist. Dort angekommen, nahm mich gleich mein Dozent zur Seite und bot mir seine Hilfe an. Eigentlich zeigte sich dann die Dynamik der Gruppe, ich wurde aufgefangen und versorgt. Ich musste nur äußern was ich brauchte. In der Blitzrunde erzählte ich unter Weinen und Schluchzen wie es mir ging, was das gestrige Rollenspiel bei mir auslöste und dass mir erst jetzt ganz bewusst wurde, was ich Jahrzehnte versuchte: eine liebe Tochter zu sein, die darauf wartete, geliebt zu werden. Immer und immer wieder gab ich alles, verzichtete auf vieles, ordnete mich unter. Nur das was ich erwartete und erhoffte, sollte es für mich nicht geben. Ich wurde vertröstet oder missachtet, bis heute ist das so. Seit Weihnachten habe ich keinen Kontakt mehr zu meiner Mutter, mein Verlangen nach Liebe von ihr ist verschwunden. Meine Zukunft findet ohne meine Familie statt, und das habe ich in dieser Krise klar für mich entschieden. Ich kann und will so nie wieder leiden. Schluss damit!! Jetzt bin ich dran.

Die Kursteilnehmer waren alle betroffen, manche haben geschwiegen, andere haben mit mir geweint. Wie sollte jetzt ein Unterricht stattfinden? Ich wurde gefragt, was mir jetzt gut tun würde und ich sagte einfach: Bewegung. So gingen wir alle geschlossen für eine halbe Stunde spazieren, jeder in Gedanken oder in leisem Gespräch. Während dieser Zeit kamen meine Lebensgeister wieder zum Vorschein, meine Geist beruhigte sich. Im Seminarraum zurück hatten wir eine weitere Aufgabe: in Kleingruppen sollten wir ausarbeiten, was Genesungsbegleiter als: Fürsprecher, Gruppenleiter, Hoffnungsträger, Übersetzer/Vermittler und die Politik bedeutet. Meine Gruppenmitglieder kümmerten sich rührend um mich: ich bekam Massage, Tee, Kekse. Langsam konnte ich auch wieder mitdenken. Das Zittern hörte auf, aber ich hatte im Lendenwirbelbereich heftige Schmerzen. Konnte kaum atmen oder mich bewegen, ich war erstarrt. So geschockt war ich von der Erkenntnis die ich plötzlich erlang. Ob ich wollte oder nicht, mein Körper zeigte mir wo ich stehe.

Mittagspause.

Nach einem Teller Spätzle mit Soße und einem Joghurt, einem Konzert mit Gitarre und Flöte kam mein Lachen zurück, viele nahmen mich in den Arm und freuten sich für mich. Wir besprachen noch die Termine für die Referate, die wir über unser Leben halten sollen (ich bin im Mai dran:) ).
Dann die Blitzrunde zum Abschied. Ich wollte als Erste anfangen und mich bei meiner Gruppe bedanken, dass sie mir geholfen haben, nicht aufzugeben. Dann hörte ich aber von vielen, dass ich ein großes Vorbild für sie bin. Ich wäre so stark. Viele gaben zu, dass sie nicht gekommen wären. Die Kraft hätten sie nicht gehabt. Wir alle waren sehr platt, emotional überfordert und wir wollten nur nach Hause und die Ruhe fühlen.

So fuhr ich auch nach Hause mit einem guten Gefühl. Nadine kümmerte sich sehr rührend um mich und wir hatten noch ein gutes Gespräch. Später kam noch Henning und wir haben gegessen und einen schönen, lustigen und doch todtraurigen Film geschaut. So ging der Tag langsam zu Ende. Was nehme ich davon mit? Eine weitere Erkenntnis habe ich: man kann über seine Grenzen gehen und es schaffen. Und dieses Mal habe ich es ganz alleine aus diesem Tal geschafft, nur ich und meinen Willen, endlich ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Dazu brauche ich nicht viel, nur Geduld und die Situation und das Gefühl so anzunehmen wie es gerade ist. Innezuhalten und zu spüren, was ich in diesem Moment brauche.


Meine Genesungsbegleiter waren heute meine Hoffnungsträger. Sie haben ihre Sache super gemacht.
Herzlichen Dank dafür!!!!

Mittwoch, 22. Februar 2017


immer noch Tag 14.

Nach der Kaffeepause wurden noch die Überschneidungen besprochen, denn so klar abgrenzen kann man die Erwartungen nicht. Wenn Ihr genau die Ergebnisse gelesen habt, konntet Ihr feststellen, dass manche Punkte auch bei einer anderen Gruppe auftauchen.

Unsere zweite Trialogübung: Perspektivdreieck-Trialog, das heißt, die drei Gruppen verteilen sich auf die drei Seiten eines Dreiecks (Angehörige / Profis / Erfahrene), jede/r spricht aus der jeweiligen Perspektive und wandert nach 10. Minuten zur nächsten Seite. Ich kann ja nur von mir sprechen, doch bei der Gruppe Angehörige und Erfahrene konnte ich viel beitragen, da ich ja die Situationen gut kenne; eigentlich waren es von allen Gruppen nur gegenseitige Vorwürfe. Es ging um Themen wie Unterbringung, Medikation, Therapieformen, zu wenig Gesprächstermine usw. Wir alle haben eben diese Beobachtungen selbst erlebt und möchten dies auch öffentlich machen. Auch das ist ein langer Weg, den wir geduldig gehen werden.

Mittagspause.

Durch die Unterbrechung wurden wir neu gestärkt. Manche gehen in der Mittagspause spazieren, andere halten einen Dialog und wieder andere machen Musik mit Gitarre, Querflöte und allerlei Schlaginstrumente. Das ist richtig entspannend und als Gruppe wachsen wir immer mehr zusammen.

Ein Dozent brachte uns dann in Bewegung, indem wir eine Körperübung im geschlossenen Kreis machten und im Rhythmus der Teilnehmer so langsam im Kreis gehen, immer im Einklang mit dem Nebenmann. So konnte man die Augen schließen und sich ganz tragen lassen.
Weiter ging es mit einem Trialogischen Rollenspiel I: die besetzenden Rollen waren: Psychiatrieerfahrener, Schwester oder Bruder, Vater und Mutter, Bezugsbetreuer (dies ist sein dritter Einsatz heute) und Beobachter (macht Notizen). Ich hatte die Rolle des Beobachters und verfolgte die Szene und hörte aufmerksam dem Gespräch zu. Alle Beteiligten spielten ihre Rolle richtig gut, besonders der Betreuer hat super reagiert und klare Regeln im Beisein der Eltern aufgestellt und den Psychiatrieerfahrenen aus der Situation geholt, zu seinem Schutz. Als Betroffener ist es schwer, seine Meinung zu vertreten und auch dabei zu bleiben. Oft wird man unter Druck gesetzt und reagiert dann so, wie der Angehörige es will. Auch, weil man dann in Ruhe gelassen wird. Es wird alles geschluckt, weil man nicht weiß, wie man diese schwierige Zeit sonst ertragen kann. Man wird ganz klein und unsicher, langsam aber sicher verschwindet man.

Anschließend mussten wir beim Trialogischen Rollenspiel II die Rollen tauschen. Folgende Situation: Betroffener, der sich nahe oder in einer psychischen Krise befindet, ist zu Weihnachten nach vielen Monaten erstmals wieder "daheim". Mutter/Vater haben ihn lange überreden müssen, damit er überhaupt kommt. In dieser Familie spielt der Alkohol eine große Rolle. Die Familie sitzt am Tisch, als es zu einem Streit kommt, in dessen Verlauf eine oder beide Elternteile zunehmend den Sohn unter Druck setzen und die Situation eskaliert. Der Sohn ruft seinen Betreuer an und verlässt die Familie.
Soweit sind die Rollen klar besetzt, ich wollte meine Mutter spielen (ist oft betrunken und sucht immer Gelegenheiten, weiterzutrinken; aggressiv und bestimmend), ein Teilnehmer spielt den Vater (dieser ist eher ruhig). Ich wollte einfach mal wissen wie es sich anfühlt, wenn man Familienangehörige und vor allem sein Kind so verletzend behandelt und demütigt. Genau diese Situation herrschte bei uns sehr, sehr oft; nicht nur an Weihnachten. Im Alltag, bei Freunden, in der Gaststätte, beim Einkaufen. Ich war ständig in Gedanken fluchtbereit und zog den Kopf ein.
Also fingen wir an....... und nach nur 5 Minuten tauschten mein Teilnehmer und ich die Rollen, ohne Absprache. Ich konnte gar nicht meine Mutter spielen, da er meine Rolle übernahm, jedoch in einer Art und Weise, die uns alle überraschte. Er spielte sein Sache sehr sicher, ich wurde immer kleiner, sank in mich zusammen und sah auf einmal meine Mutter da sitzen. Ich habe im Geiste einfach die Gesichter ausgetauscht und habe mich 40 Jahre zurückversetzt in unser Wohnzimmer. Der Teilnehmer, der den Sohn spielte, fing nach kurzen Ansprachen und Protesten wirklich an zu weinen und ist aufgestanden um zu gehen. Er ging auch, um kurz später wieder zu kommen und es nochmals zu versuchen. Keine Chance, er wurde wieder in Grund und Boden geschrien. Der Teilnehmer, der den Vater spielte, kam aus seiner Rolle gar nicht mehr heraus. Ich konnte gar nichts mehr fühlen, nur Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Habe ich das Gesehene und Gehörte wirklich so lange ertragen? Habe ich wirklich immer wieder versucht, gute Stimmung nach so einem Krach zu machen? Mit dem Ergebnis: ausgelacht und weggeschickt.
Der Dozent hat dann auf einmal das Rollenspiel gestoppt, er lief aus dem Ruder. Ich weiß nicht, ob ihr nachempfinden könnt, was in uns vorging. Stille, große Betroffenheit und Fragen, wie so was passieren konnte. Zusammen versuchten wir uns zu beruhigen und uns zu fragen, was in jedem Einzelnen dabei vorging. Der Teilnehmer, der den Vater spielte, war über sich selbst so schockiert. Er konnte nicht glauben was er da gespielt hat (sein Vater war Alkoholiker, was er danach erzählte). Auch in den anderen Gruppen gingen manche an die frische Luft, ein Dozent zur Betreuung mit. Ganz im Innern sitzen noch Dinge, die man so im Alltag nicht spürt. Diese tiefe Verletzungen kommen bei solchen Begegnungen dann nach draußen, mit voller Wucht. Mein persönliches Fazit: das war eine Familienaufstellung mit lebenden Figuren. Und das geht ganz schön unter die Haut.

Kaffeepause.

Der Tag war aber noch nicht zu Ende. Nach der Pause durften wir einen Filmausschnitt über "20 Jahre Trialog" anschauen, doch keiner konnte sich so richtig konzentrieren. Der Kopf war übervoll, die Emotionen beherrschten die Gedanken, wir hatten Mühe sitzenzubleiben.

Kleiner Hinweis. Wer mehr über Trialog wissen will: www.trialog-psychoseseminar.de

Feierabend, endlich nach Hause. Ich ging noch einkaufen, kochte mir etwas Leckeres und dann versuchte ich zu schlafen, oberflächlich aber ganz gut.
14. Tag - Perspektivwechsel

Gestern haben wir ja schon gelernt und erlebt, wie ein Trialog ablaufen kann. Ein Trialog hilft nicht, eine Lösung zu finden, sondern ist ein informeller Austausch, soll das Verständnis füreinander wecken und sich gegenseitig stehen lassen. Soweit so gut, aber ich habe mittlerweile gelernt, dass die praktischen Übungen immer sehr nachhaltig sind und einen noch eine ganze Weile beschäftigen.

Unsere erste Trialogübung: a.)Was erwarte ich als Angehöriger von Profis/Erfahrenen? b.) Was erwarte ich als Profi von Erfahrenen/Angehörigen? c.) Was erwarte ich als Erfahrener von Angehörigen/Profis? ... im gemeinsamen trialogischen Miteinander? Wo überschneiden sich die Erwartungen der drei Gruppen?

Unsere Ergebnisse der drei Gruppen könnt Ihr hier sehen:



Kaffeepause.

Montag, 20. Februar 2017

13. Tag - Trialog

Das ist jetzt schon das 5. Modul und damit fast schon Halbzeit, und damit ist der Grundkurs auch abgeschlossen. Es folgt mit dem nächsten Modul dann der Aufbaukurs, und ich habe schon gehört dass es noch schwerer werden wird. Geht das noch?

Dieser Tag war ein Überraschungspaket, denn wir wussten nicht was es heißt, in einen Trialog zu gehen. Vor längerer Zeit erhielten wir eine Einladung dazu, auch durften wir Angehörige und Betreuer oder unsere Psychotherapeuten hierzu einladen. Pit war ja leider nicht da, aber meine beiden Kinder kamen, und diese Runde bestand zum Schluss aus ca. 40 Personen.
Bevor die Gäste eintrafen, hatten wir noch eine kurze Einleitung was ein Trialog ist, seit wann es ihn gibt und wie die Kultur eines Trialoges aussieht. Die Kultur eines Trialoges soll: Geschichten erzählen, nach Sinn suchen, ein subjektiver Austausch sein, akzeptiertes Chaos und die Suche nach individuellen Wegen.

Kaffeepause.

Nach einer kurzen Vorstellungsrunde wurden wir in 3 Gruppen aufgeteilt, in der jeweils ein Thema gewählt wurde, das dann in der großen Runde zur Diskussion gestellt war. Meine Kinder waren in unterschiedlichen Gruppen, so hatten wir leider gar keinen Anteil an dem Anderen. Erst wieder im großen Kreis als es darum ging, über ein Thema abzustimmen. Und dieses Thema lautete: Wie gehen Profis, Betroffene und Angehörige mit der Angst um? Da von jeder Gruppe genügend Vertreter waren, kam ein interessanter und abwechslungsreicher Trialog zustande. Die Sicht einer Betroffenen kenne ich ja, die der Angehörigen zu hören war eine weitere neue Sichtweise für mich, vor allem, als sich meine Kinder zu Wort meldeten und über ihre Eindrücke sprachen. Ich war tief im Herzen sehr gerührt, das hatte ich vorher von ihnen nicht gehört. In der Vergangenheit und während meiner Krankheit sprachen wir leider auch nicht mit unseren Kindern darüber. Wir wollten sie schützen, indem wir so gut es ging versuchten, die Depression von mir zu verbergen. Heute würde ich es nicht mehr so entscheiden, damals war ich ja auch noch nicht so reich an Wissen wie heute.
Ich fand es sehr interessant, wie Profis mit ihrer Angst umgehen, wenn ein Notfall eingeliefert wird. Wie sie es schaffen, neutral zu bleiben und emotional das Erlebte aushalten. Eine Psychologin hat geschildert, dass es beruflich für sie nicht so schlimm ist, mit den Patienten umzugehen. Das findet auf der beruflichen Ebene statt, aber in ihrem Familienkreis haben sie im Moment auch eine betroffenen Angehörigen und das macht ihr zu schafften, weil es sie in der emotionalen Ebene trifft.
Da ist  sie dann manchmal auch machtlos und verzweifelt.

Kaffeepause.

Nachdem die Gäste dann verabschiedet wurden, fand noch eine kleine Nachbesprechung und eine Blitzlichtrunde statt. Auch in diesem kleinen Kreis gab es viele verschiedene Meinungen und Gedanken dazu, das alles wirkt in mir nach. Ich kann nicht rausgehen und den Schalter umlegen und sagen, gut war es. Denn das ganze Diskutieren und Besprechen hat mit meinem Innersten zu tun. Mit meinem Leben, meiner Vergangenheit. Damit gilt es umzugehen und einen Weg zu finden, bei allen Krisen die noch kommen sollten, die Hoffnung nie zu verlieren und den Mut zu haben, weiterzugehen.

Montag, 30. Januar 2017

12. Tag - Hoffnung

Diese Nacht war nicht erholsam. Tatsächlich hatte ich einen schlimmen, verwirrenden Traum und ich bin gespannt, ob irgend was davon im realen Leben eintritt.
Nach der Blitzlichtrunde wollte eine Teilnehmerin uns ihr "Beruhigungsmittel" vorstellen. Das Stricken. Sie strickt das Wochenende über und kommt dadurch zur Ruhe. Für jeden Teilnehmer hat sie eine Tüte mit Strickanleitung, 2 Nadeln und Wolle bereitgehalten, und auch die Nadeln waren schon aufgenommen. Am Anfang waren vor allem die Männer skeptisch, doch jeder hat sich auf diesen Versuch eingelassen und am Ende ( ca. 30 Min.) herrschte eine gelöste, lustige Stimmung; wir konnten über uns selbst und über den anderen schmunzeln.

Den Genesungsweg zu gehen, erfordert viel Mut, Kraft und Ausdauer. Und etwas sehr wichtiges darf auch nicht fehlen: die Hoffnung darauf, dass eine positive Veränderung möglich ist. Es ist dann auch egal, an wen oder was wir glauben, wir dürfen nur niemals damit aufhören zu hoffen.
Diese Hoffnungslosigkeit habe ich mehrere Male stark gespürt. Alles war mir gleichgültig geworden, auch mein Leben. Lieber wollte ich "weggehen", als diesen Schmerz länger aushalten zu müssen. Und ganz am Tiefpunkt, flackerte doch irgend ein winzig kleines Licht. Es wollte mir sagen, gib nicht auf; es lohnt sich zu kämpfen. Manchmal bin ich der Überzeugung, dass mein Sternzeichen "Löwe" die Kraft und den Glauben an mich weitergibt. Die Hoffnung, dass unser Leben positiver wird, die Freude wiederkommt - das hält uns am Leben und dient uns als Motivation weiterzumachen.

Genesungsfördernde Faktoren sind auch:
- Bedeutung und Sinn
- Potential zur Veränderung
- Kontrolle
- Aktive Teilnahme
- Ganzheitlicher Ansatz und soziale Einbeziehung
- Umwelt
- Optimistischer und realistischer Ansatz

Mittagspause.

Eine weitere Teilnehmerin wollte uns dann ihre Methode zum Stressabbau vorstellen: Lachjoga. Fast alle haben mitgemacht, doch mit der Zeit gingen viele aus der Runde. Auch ich, denn auf Kommando lachen ist nicht mein Thema, das habe ich ja beim Stricken schon gemacht. Aber neue Erfahrungen zu sammeln ist ja wichtig!!!!

Danach eine weitere Aufgabe: mit einem Partner über unsere Erfahrung der Hoffnung zu sprechen und uns auszutauschen. Es war interessant, wie jeder Einzelne damit umgeht und seinen Weg geht, oder auch nicht weiterkommt und die Sichtweise des anderen vielleicht näher betrachtet und ausprobiert. Diese Gruppendynamik ist einfach toll, mir gibt das sehr viel Kraft und Zuversicht, dass es immer weitergeht mit mir und meinem Leben.

Bis bald. :)))

Nach der Blitzrunde durften wir endlich in den wohlverdienten Feierabend und beladen mit einem vollen Rucksack von schönen, rührenden und traurigen Momenten fuhr ich nach Hause. Dieses Wochenende gilt es nun zu verarbeiten!!!

Sonntag, 29. Januar 2017


Diese Seite ist die Fortsetzung des 11. Tages (bitte nochmal den 11. Tag anschauen, da kommt noch richtig viel :))


Tut mir leid, dass das mit der Skizze nicht so gut zu lesen ist. Doch das Programm verfügt nicht über große Möglichkeiten. Man kann das Bild nicht drehen. :((
Kurze Erläuterung: Dieser Pilgerweg ist meine Lieblingsjogging-Runde und hat ca. 110 Höhenmeter. Als ich mit dem Training vor Jahren anfing, kam ich nicht weit, doch mit der Zeit lief es besser und ich traute mir auch kleine Steigungen zu. Entlang diesem Pilgerweg stehen die Stationen (13 an der Zahl ), die Jesus auf dem Weg zu seiner Kreuzigung durchlebt hat und jedes mal, wenn ich an einer Station vorbeikam und ziemlich außer Atem war, dachte ich an ihn, und dass er wohl Schlimmeres ertragen hat und trabte weiter. So gelang es mir, den ganzen Pilgerweg zu schaffen und als Belohnung den wunderschönen Blick über Rheinhessen bis zum Donnersberg zu haben. Der Rückweg war leicht und beschwinglich: es ging nur noch bergab. Nicht nur körperlich hat mich das Laufen gestärkt, sondern auch psychisch. Ich traute mir immer mehr zu, bis ich sogar meine kleine Rückenschule eröffnete. Das gab mir unheimlich Rückenwind. Mein wichtigstes Ziel dieser Reise habe ich erreicht: emotional bin ich nicht mehr von meiner Mutter und deren Verhalten abhängig. Und das ist ein so tolles und befreiendes Gefühl, endlich gehe ich Selbst-bewusst durch mein Leben.

Als Abschluss dieses schweren Tages folgte noch die Blitzlichtrunde. Etwas war heute anders, keiner wollte anfangen. Die Anspannung war sprichwörtlich zu greifen, und es war Respekt zu spüren: vor einem selbst und auch gegenüber allen Teilnehmern, deren Geschichten wir jetzt kennen. Vieles wird wieder sehr schlecht zu verarbeiten sein, einen zu Tränen rühren und eine Kloß im Hals zu haben. Den hatte ich, einen richtigen Kloß im Hals. Ich konnte nicht viel sagen, erschlagen von dem gehörten und erlebten Dingen. Ich hoffe, ich habe keine Alpträume. Gute Nacht!

Dienstag, 24. Januar 2017

11. Tag - Definition Recovery

Es gibt viele verschiedene Begriffe für Recovery. Es bedeutet so viel wie Genesung, Gesundung oder Wiedererlangen von Gesundheit; der Begriff kommt aus dem Amerikanischen. In den 90er Jahren schlossen sich psychisch kranke Menschen zusammen um zu zeigen, dass sie trotz dieser negativen Prognosen gesundeten. Zunächst gilt es die Erkrankung anzuerkennen und zu behandeln. In der Klinik beginnen wir nach der Ursache zu suchen und erste Genesungsschritte zu machen. Ich spürte das daran, dass ich Schritt für Schritt wieder Kontakt mit meinem Körper hatte. Jeden Morgen musste ich nüchtern um 6:30 Uhr zum Kneippen gehen; dabei wird man mit Wechselduschen behandelt. Ich habe es über mich ergehen lassen; was habe ich gefroren. Danach gab es Frühstück und dann Frühsport und dabei lernte ich mich wieder kennen. Auch bemerkte ich dann beim Joggen den schönen Park, die singenden Vögel und die Blumen. Es wurde bunter in meinem Leben, aber nur sehr langsam. Ganze 12 Wochen dauerte es bis zur Rückkehr in meine Familie. Und es gab eine kleine Hoffnung auf ein "normales Leben", wobei ich keinen Gradmesser hatte, was das ist.
Seinen eigenen Gesundungsweg zu gehen ist eine lebenslange Aufgabe. Es geht darum, sich mit seiner Erkrankung auseinanderzusetzen, die dadurch vorerst zerbrochenen Lebensentwürfe und Selbstbilder zu betrauern. Mein Genesungsweg ist einzigartig, jeder geht anders damit um. Seit 4 Jahren kämpfe ich mich aus Wirrwarr an Gefühlen langsam aber sicher nach draußen, natürlich mache ich auch mal einen oder zwei Schritte nach hinten, doch im Vertrauen an mich marschiere ich weiter, in kleinen Etappen.

Ich habe ja schon oft und ausgiebig über meine Vergangenheit und die Erschütterung nachgedacht, aufgeschrieben, formuliert und mit anderen Teilnehmern diskutiert. Doch nichts hat mich so zurückgeworfen wie die Aufgabe, die uns dann gestellt wurde. Wir sollten anhand eines Zeitstrahles den Verlauf unseres Gesundungsweges darstellen. Es ist etwas ganz anderes, es aufzuschreiben oder zu malen. Bei der Betrachtung dieser Arbeit wurde mir schnell deutlich, was alles passiert war. Und das ist eine ganze Menge, es wundert mich nicht im geringsten mehr, warum ich mit 30 Jahren in eine Klinik eingeliefert wurde. Nichts ging mehr, Akku leer, keine Hoffnung und Perspektive. :((








Kaffeepause.
 
Es war richtig schwer, sich wieder auf die kommende Aufgabe zu konzentrieren. Doch der Schultag war ja noch nicht zu Ende. Wir haben ja gerade gelernt, was Recovery für jeden Einzelnen bedeutet und wie man lernt, mit seiner Erkrankung zu leben. Wir dürfen unsere Recovery-Geschichte als klassische Heldenreise (nach Watkins) betrachten. Beide Geschichten bestehen aus mehreren Etappen: dem Ruf; der Mentor; die Schwelle; der Weg und die Rückkehr.
In seinem Buch "Recovery - wieder genesen können", benutzt Watkins die Metapher der Reise bzw. der Heldenreise von Odysseus, um diesen oftmals sehr komplexen Prozess zu veranschaulichen. Hier ein kurzer Abriss: Odysseus war ein Herrscher oder König in Griechenland. Er hat ausschlaggebend dazu beigetragen, dass Troja eingenommen werden konnte - Troja die Stadt, die als unbesiegbar galt. Anstatt hierfür die Lorbeeren zu ernten, musste er sich den Göttern stellen, mit denen er es sich vorher verscherzt hatte. Sein sehnlichster Wunsch nach Hause zurückzukehren wo ihn seine Familie erwartete musste warten, denn die Götter verschlugen ihn ans andere Ende der Welt. Er irrte 10 Jahre umher und musste sämtliche Prüfungen bestehen, bis er nach Hause durfte."
 
 Wen ich jetzt neugierig gemacht habe und ihr mehr wissen wollt, hier der Link zu diesem Buch "Recovery- wieder genesen können" :
 
Die nachfolgende Aufgabe fand ich gar nicht schwer - hatte ich sie ja vor nicht allzu langer Zeit durchlebt und vor Augen, jede Kleinigkeit.
Meine eigene Heldenreise: Eine Bestandsaufnahme - was habe ich erreicht, wo möchte ich hin und was ist dazu notwendig? Ich hoffe, die unter stehende Skizze ist zu lesen.
 
10. Tag - Recovery

Dieses Mal fuhr ich mit einem komischen Gefühl zur Schule. Zwischen diesen beiden Modulen ist mein Vertrauen in unterschiedlichen Punkten erschüttert worden, es geschahen Dinge die mich sehr bewegten und Gefühle tauchten auf, mit denen ich nicht gerechnet hätte. Im Innersten hoffte ich, dass es nicht geschieht. Stellte mich dann darauf ein und versuchte irgendwie durch diesen Tunnel zu kommen, ohne viel Schaden davonzutragen. Immer wieder wird mir so viel abverlangt auf meinem Weg zu bleiben, da passte dieses Thema genau. Ohne zu wissen, was auf mich zukam, welche Erschütterungen kommen sollten, starteten wir mit der Blitzlichtrunde. Ich war nicht allein mit meinen Gefühlen; viele hatten über die Feiertage Ähnliches erlebt.

Recovery - wieder genesen können. Hört sich gut an, aber: was bedeutet das für mich?

Die erste Diskussionsrunde hatte das Thema: Was macht für mich Lebensqualität aus bzw. was macht das Leben für mich lebenswert? Es wurde ausgiebig diskutiert und aufgeschrieben, nachgedacht und man hat richtig gespürt, wie sehr es in uns arbeitet. Was sehr erstaunlich war, keiner der Teilnehmer hat über materielle Dinge wie Haus, Auto, gut bezahlter Job, tolle Reisen gesprochen (natürlich aber über ein Einkommen, mit dem man seinen Lebensstandard finanzieren kann). Am wichtigsten sind für uns die Punkte: Angenommen sein wie man ist, Achtsamkeit mit sich selbst, Zeit für Hobbies zu haben, einfach sein zu können ohne etwas leisten zu müssen. Freunde und Familie um sich zu haben, die für uns da sind (in guten wie in schlechten Zeiten) und natürlich Gesundheit. Ist doch nichts besonderes denkt ihr bestimmt, doch für uns als Betroffene sind das sehr wichtige Dinge, die wir lange nicht erleben konnten; geschweige denn uns traute, es auszusprechen oder einzufordern.

Grundannahmen von Recovery
- Gesundung ist auch bei schweren psychischen Erkrankungen möglich!
- ohne Hoffnung geht es nicht!
- jeder Genesungsweg ist anders!
- Gesundung ist kein linearer Prozess!
- Gesundung geschieht auch, wenn Symptome fortbestehen und Krisen auftreten!
- Krankheit und Gesundung verändern Menschen!
- Gesundung ist mit, ohne und "trotz professioneller Hilfe" möglich!

Kaffeepause.

Danach wieder eine kleine Gruppe wählen (hatte wirklich schwierige Teilnehmer bei mir) und das Thema: Wie definiere ich für mich Recovery. Wir sollten einen Vortrag vorbereiten, was nicht machbar war. Mit einer Teilnehmerin hatte ich schon am Anfang es Kurses Schwierigkeiten; sie verlässt heulend die Runde, weil sie was falsch versteht oder es zu persönlich nimmt. So auch dieses Mal. Die Dozentin fragte, ob wir im Gespräch sind. Ich verneinte und sagte dass es nicht möglich wäre etwas zu schreiben. Irgendwann war die Zeit zu Ende und wir hatten kein Ergebnis, die anderen zwei Teilnehmer wirkten auch nicht aktiv mit. In der großen Diskussionsrunde musste ich dann darüber sprechen, warum es uns nicht gelungen ist. Ufff! Damit war aber das Thema noch nicht erledigt, ich wurde nach draußen gerufen, um mit der betreffenden Person zu reden. Ich fragte sie, was denn vorhin ihr Problem mit mir gewesen sei. Sie: ich habe was missverstanden!!!! (den weiteren Dialog erspare ich euch).
In der abschließenden Blitzlichtrunde geschah dann etwas Unerwartetes: Sie bedankte sich bei mir in aller "Öffentlichkeit", durch meine Bemerkung wurde ihr klar, was eigentlich ihr Problem ist. Zum ersten Mal sah sie die Beziehung zwischen  Geld und Lebensmittel, die ganze Verstrickung zu ihrer Mutter und ihrer Vergangenheit. Sie wüsste aber nicht so genau, warum ich sie immer an bestimmten Punkten antriggern würde, es passierte eben.  Ich musste ein paar Mal schlucken, damit hätte ich nicht gerechnet.
Endlich Feierabend, doch der Abend ging noch weiter. Ein Teilnehmer hatte Karten für das Gerry-Jansen-Theater organisiert und 14 Mitstreiter gingen mit. Wir haben so viel gelacht, es war ein super Abschluss von einem sehr bewegenden Tag.

Montag, 2. Januar 2017


9. Tag - Teilhabe - UN-Konvention - Gesetze

Beim Ritual der Blitzlichtrunde war allen anzumerken, wie sehr die letzten zwei Tage an uns genagt haben. Manche füllten mit ihren Karten eine ganze Flipchart, und beim Vorstellen seiner Psychiatrieerfahrung kamen vielen, auch mir, die Tränen. Das nennt man dann wohl Aufarbeitung. Einige konnten gar nicht darüber reden.
Teilhabe, was bedeutet das für uns? Ich habe z.Bp. wegen meiner Erkrankung keine Chance auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Einmal psychisch krank, könnte man ja wieder werden. Also habe ich nur eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung.:((
Andere Teilnehmer haben von ihrer Rentenkasse bescheinigt bekommen, dass sie berentet sind. Für sie heißt das, sie können nie wieder voll im Beruf stehen, auch wenn sie das könnten oder wollten. Sie dürfen nur noch einen sogenannten Minijob ausüben, ansonsten sind sie auf das Amt angewiesen.

Hoffen wir auf das neue Teilhabegesetz, das die Bundesregierung vor Weihnachten verabschiedet hat. Doch wir Betroffenen sehen das alles mit gemischten Gefühlen. Aber blicken wir positiv in das neue Jahr.

Euch allen wünsche ich ein gutes und zufriedenes neues Jahr, mit vielen berührenden Momenten.